Wien - Der Gesetzentwurf zum Kinderbetreuungsgeld passierte am Mittwoch mehrheitlich den Familienausschuss. Damit machte der Ausschuss den Weg für die Einführung eines Kinderbetreuungsgeldes ab 1. Jänner 2002 im Ausmaß von 6.000 Schilling monatlich frei. Die umstrittenen Regelungen bezüglich des Kündigungsschutzes für ArbeitnehmerInnen blieben unverändert, die Koalitionsparteien einigten sich aber auf eine Ausschussfeststellung, derzufolge der Familienausschuss davon ausgeht, dass im Hinblick auf bestehende arbeitsrechtliche Regelungen eine Ausdehnung des Kündigungsschutzes nicht erforderlich sei. Nach Auffassung der Abgeordneten gilt der Motivkündigungsschutz nämlich sinngemäß auch für Dienstverhinderungen wegen einer notwendigen Kinderbetreuung bis zum 30. bzw. 36. Lebensmonat des Kindes. Mit VP-FP-Mehrheit nahmen die Abgeordneten darüber hinaus einen Entschließungsantrag an, der auf die Erhöhung der Familienbeihilfe ab 1. Jänner 2003 um 7,3 Euro (100 S) monatlich ab dem 4. Lebensjahr des Kindes abzielt. Der Sozialminister wird von den Abgeordneten ersucht, bis Jahresende einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorzulegen. Gleichzeitig soll auch die erhöhte Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder um 100 Schilling pro Monat angehoben werden. Hearing Zuvor hatte es ein öffentliches Hearing gegeben. Dabei gab es Lob und Schelte in den Stellungnahmen der ExpertInnen der vier im Parlament vertretenen Parteien. Das, was Familien wirklich bräuchten, seien flexible und kürzere Arbeitszeiten, mehr Betreuungseinrichtungen und erst an dritter Stelle eine höhere finanzielle Unterstützung. Das erklärte die Expertin der SPÖ, Sonja Brauner von den österreichischen Kinderfreunden. Brauner kritisierte die Zuverdienstgrenze, die qualifizierte Teilzeitjobs nicht mehr möglich machen würde. Außerdem sei es unverständlich, dass neben dem Kinderbetreuungsgeld der Bezug der Sondernotstandshilfe gestrichen würde. "Mit dem Kinderbetreuungsgeld kommt das Ende der Teilzeitkarenz, das Ende der partnerschaftlichen Aufteilung der Familienarbeit", erklärte Brauner. Auch die Finanzierung des Kinderbetreuungsgeldes aus dem FLAF könne nicht als sicher angesehen werden, da der FLAF konjunkturabhängig sei. FPÖ: Mehr Möglichkeiten für Frauen Große Zustimmung zum Kinderbetreuungsgeld äußerte die Steuerberaterin Veronika Seitweger, von der FPÖ nominierte Expertin. Dadurch würden für die Frauen mehr Möglichkeiten geschaffen. Sie könnten flexibel und freier die Betreuung ihrer Kinder sowie ihre Berufstätigkeit gestalten. Von einem bedeutsamen Paradigmenwechsel sprach der ÖVP-Experte und "Vater" des Kinderbetreuungsgeldes, Helmuth Schattovits. "Es ist völlig neu, dass das Bedürfnis des Kindes nach Betreuung als Ausgangspunkt für alle konkreten Lösungen genommen wurde", freute sich Schattovits. Das Kinderbetreuungsgeld stehe zu Recht den jungen Familien zu, da sie eine besonders hohe Betreuungsverantwortung treffe. Es schaffe mehr Kaufkraft und ermögliche damit den Familien, auf ihre individuelle Lebenssituation besser eingehen zu können. Die Zuverdienstgrenze, so Schattovits, wäre dem Modell nach nicht notwendig. Auf der anderen Seite sei die Einführung der Zuverdienstgrenze verständlich, da man das Verhalten der Eltern ohne diese Grenze nicht abschätzen könne. Grüne: Keine Gleichstellung Die Kluft der gesellschaftlichen Stellung zwischen Männern und Frauen sei in Österreich eklatant, erklärte die Grüne Expertin Anneliese Erdemgil-Brandstätter, Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen. Die Geschlechterpolitik der schwarz-blauen Regierung würde in keiner Weise auf eine Gleichstellung der Frauen mit den Männern hinarbeiten, kritisierte Erdemgil-Brandstätter. Das Kinderbetreuungsgeld würde für die Gleichstellung der Frauen nichts erreichen. (APA)