Wien - Klar: Die Hauptrolle spielte das Zelt vor der Votivkirche. Dort, wo "Wien ist andersrum" nicht nur im Zeichen des Regenbogens, sondern auch von Europride 2001 steht: Mit Pfistereien, Mitsingkino und Stars und Sternchen als Verlockung vom - oft nicht "anderen" - Ufer. Fein. Aber nicht alles, was im Europride-Umfeld an Kultur und Lebensgefühl demonstriert wurde. Die Reduktion auf das Festival (oder die Schwerpunktwoche "Happy & Proud" im WUK) wäre unzulässig: Eine Einengung dessen, was im Juni in Wien an schwul-lesbischem Savoir-vivre existiert - aber mitunter aufgespürt werden wollte. Das " Hotel Villa Ostblick " etwa. Versteckt in den vergessenen, seit Jahren leer stehenden Räumen einer ehemaligen Konsum-Filiale auf der Gumpendorfer Straße, wo immer noch Austro-Rod-Steward Reinhold Bilgeri genossenschaftlich werbend von der Wand lächelt: Das Etablissement - dessen Umwandlung in ein Jugendzentrum seit Jahren am Widerstand der GemeindebaubewohnerInnen scheitert - wurde von der Rosa Lila Villa zum absurd-fröhlichen Club mit gediegenem Ostblockflair umgemodelt. Tischspringbrunnen, russische Puppen und Drinks, die "Gargarina" heißen, sind das Setting. Drumherum wird "russisch" diniert, Mode gezeigt oder amateurmusikalisch aufgespielt. Als letzter Programmpunkt steht ein Regenbogenbrunch am Sonntag am Programm - danach versinkt der Ort wieder im Dornröschenschlaf. Die Konsumfiliale. Nicht Wien. Angeblich. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.06.2001)