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Der erste Applaus der ersten Hauptversammlung (HV) der Telekom Austria galt Johannes Ditz. Vielmehr seiner Aussage, er werde mit Ende des Aktionärsmeetings zurücktreten. Sowohl als Präsident wie auch als Mitglied des TA-Aufsichtsrates. Wegen "nach wie vor bestehender Auffassungsunterschiede möchte ich den Weg freimachen" für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Daneben saß Heinz Sundt, Vorstandschef der Telekom, mit stoischer Miene. Er war des Öfteren von Ditz, anderen Mitgliedern des TA-Aufsichtsrates öffentlich infrage gestellt worden. Schließlich haben sich Sundt und seine Kollegen Rudolf Fischer (Technik) und Stefano Colombo (Finanzen) sich doch halten können. "Sie können davon ausgehen, dass dieser Vorstand mit vollem Vertrauen weiterarbeiten wird", formulierte Ditz bei der HV am Messegelände Wien. Marketingprovisorium Für den im April abgesprungenen Marketingvorstand Heinz Brasic wurde eine interimistische Lösung gefunden, erfuhr man am Rande der Versammlung: Gerhard Schellander wird als Konsulent für Vertrieb und Marketing bestellt. Er hatte unter Brasic das Unternehmen verlassen und kehrt so in den Schoß der TA zurück. Für den Betriebsratsvorsitzenden der Telekom Austria, Erich Huhndorf, ist durch den Rücktritt von Ditz als TA-Aufsichtsratspräsident und -mitglied "das Wohl des Unternehmens wieder hergestellt". Die leidige Vorstandsdiskussion sieht er jetzt beendet. Michaelis folgt Ditz Nachfolger von Ditz an der Spitze des TA-Kontrollgremiums wird erwartungsgemäß Peter Michaelis, ab 1. Juli gleichberechtigter Vorstand neben Ditz in der Staatsholding ÖIAG. Auch der nach der ÖIAG zweitgrößte Aktionär, die Telekom Italia, wird die Vertreter im Aufsichtsrat austauschen: Der Chef der Telecom Italia Mobile, Marco de Benedetti, und der Leiter des internationalen Bereichs, Enzo Badalotti, folgen auf Giulia Nobili und Oscar Cicchetti. "Abzockeraktion" Schwere Kritik - vor allem wegen des desaströsen Engagements bei der jetzt insolventen Handelskette Libro - musste der Vorstand von Wilhelm Rasinger, Rechtsanwalt und Präsident des Kleinanlegerverbandes, einstecken: "Sie haben sich bei der Abzockeraktion der Altaktionäre über den Tisch ziehen lassen", warf er Technikchef Fischer vor, der im Libro-Aufsichtsrat gesessen ist und als Drahtzieher des Kaufs von 25 Prozent plus einer Aktie von den Altaktionären, vor allem den Beteiligungsgesellschaften UIAG und DBAG, gilt. Von der Misere erst aus Gutachten erfahren Fischer wich der Frage aus, inwiefern er sich darum gekümmert habe, dass das Geld dem Unternehmen Libro und nicht den Altaktionären zur Verfügung gestellt würde. Von der Misere habe man erst durch das Gutachten der Consulter von Roland Berger erfahren. Erstmals bestätigten Sundt und Fischer den Preis des Libro-Paketes. Man habe 90,5 Mio. € bezahlt, umgerechnet 1,25 Milliarden Schilling. Per Ende 2000 wurde die Beteiligung auf null abgeschrieben. Rasinger kritisierte, dass in Bilanz und Geschäftsbericht darauf nur "in Halbsätzen" eingegangen wird. Im Anlagenspiegel fehlten überhaupt die Finanzbeteiligungen. Finanzchef Stefano Colombo entschuldigte sich dafür bei der Hauptversammlung nach zweimaligem Nachfragen Rasingers. Trotzdem wird der Kleinanlegervertreter die Hauptversammlung wegen dieses und anderer Mängel in den offiziellen Unternehmenspapieren anfechten, kündigte er an. Sundt sagte, er lasse prüfen, ob Libro-Gremien auf Schadenersatz zu klagen sind. Der TA-Chef verteidigte den Einstieg bei Libro damit, man habe sich einen Vertriebskanal für Mobilkommunikation sichern wollen, als Reaktion auf die Übernahme der Handelskette Niedermeyer durch den Konkurrenten max.mobil. (Der Standard/szem, Printausgabe vom 29.6.2001)