Über die Gesundheitspolitik der rot-grünen Regierung ist in Deutschland eine heftige Debatte entbrannt. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt musste eine USA-Reise abbrechen, um am Donnerstag in einer aktuellen Stunde im Bundestag Rede und Antwort zu stehen. Die SPD-Politikerin wies die Verantwortung für Kostensteigerungen und Beitragserhöhungen der Krankenkassen zurück. Sie erklärte, dass während der Amtszeit des früheren Gesundheitsministers Horst Seehofer (CSU) die Beiträge von 12,3 auf 13,6 Prozent gestiegen seien. Mehrere Krankenkassen wollen die Beiträge auf bis zu 14,8 Prozent erhöhen. Seehofer hatte zuvor Schmidt für die Misere verantwortlich gemacht. Die Ministerin gerät auch innerparteilich unter Druck. Kommende Woche muss sie der SPD-Fraktion erläutern, wie sie die Kosten in den Griff bekommen will.

Das Kanzleramt bestätigte unterdessen Pläne für eine radikale Gesundheitsreform. Demnach sollen die Leistungen der Kassen in Pflicht-und zusätzliche, private Wahlleistungen aufgesplittert werden. Nur noch wirklich notwendige Maßnahmen sollen von den Kassen bezahlt werden. Die Opposition kritisierte, dadurch entstehe eine "Zwei-Klassen-Medizin". Aber auch in der SPD ist der Plan umstritten. Durch Leistungs- und damit Beitragskürzungen könnte Bundeskanzler Gerhard Schröder sein Wahlversprechen, die Sozialabgaben auf unter 40 Prozent zu drücken, noch erreichen. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 29. 6. 2001)