Caracas/Lima - Die Festnahme des früheren peruanischen Geheimdienstchefs Vladimiro Montesinos in Venezuela wächst sich zur handfesten diplomatischen Krise mit Peru aus: Der peruanische Übergangspräsident Valentin Paniagua wies am Freitag die Vorwürfe des venezolanischen Staatschefs Hugo Chavez zurück, Lima habe mit der Festnahme Montesinos' die Souveränität seines Staates verletzt. Derartige Anschuldigungen hielten "der Realität nicht Stand". Zuvor zogen beide Staaten ihre jeweiligen Botschafter aus Caracas und Lima ab. Montesinos war vor einer Woche nach achtmonatiger Flucht in Venezuela gefasst worden. Lima wirft Chavez vor, dem engsten Vertrauten des im November gestürzten peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori monatelang Unterschlupf gewährt zu haben. Unterdessen trat der in einem Marine-Gefängnis bei Lima inhaftierte Montesinos in Hungerstreik. Chavez droht den USA In einer Fernsehansprache kündigte Chavez an, Botschafter Gustavo Gomez Jaen werde nicht vor dem Amtsantritt des neuen peruanischen Präsidenten Alejandro Toledo Ende Juli nach Lima zurückkehren. Chavez drohte auch mit dem Abzug des Botschafters aus den USA, sollte sich herausstellen, dass die US-Bundespolizei FBI ihre Finger bei der Festnahme Montesinos' im Spiel hatte. Der venezolanische Staatschef warf der peruanischen Regierung vor, mit der Festnahme die venezolanische Souveränität verletzt zu haben. Vorwürfe, er habe Montesinos beschützt, nannte er den Versuch, "Venezuela als Verbrechens-Staat und Hugo Chavez als verbrecherischen Präsidenten" zu brandmarken. Als Reaktion auf den Abzug des venezolanischen Botschafters in Lima berief die peruanische Regierung am Freitag ebenfalls ihren Botschafter aus Caracas ab. Paniagua nahm ausdrücklich Innenminister Ketin Vidal in Schutz, dem Chavez vorwarf, hinter seinem Rücken die Festnahme von Montesinos angeordnet zu haben. Die Polizeiaktion sei "zu jedem Zeitpunkt" in Übereinstimmung mit internationalen Standards und "im Respekt für die Souveränität der Schwesterrepublik Venezuela" gewesen. Ministerpräsident Javier Perez de Cuellar sagte vor Journalisten in Lima, seine Regierung sei "Opfer einer wahrhaftigen verbalen Aggression". Montesinos werde so lange keine Nahrung zu sich nehmen, bis er von der Hochsicherheits-Haftanstalt der Marine in Callao westlich von Lima in ein ziviles Gefängnis verlegt werde, sagte seine Frau Trinidad Becerra im peruanischen Rundfunk. Der 55-Jährige hatte bereits am Dienstag mit Hungerstreik gedroht, sollte er in ein Militärgefängnis gebracht werden. Nach den Worten eines Justizsprechers ist der Ex-Geheimdienstchef "niedergeschlagen" über seine derzeitige Lage. Nach Montesinos war weltweit gefahndet worden, seit er sich im Oktober aus Peru abgesetzt hatte. Ihm werden in 52 Verfahren unter anderem Menschenrechtsverletzungen, Waffenschmuggel, Geldwäsche, Drogenhandel und Bestechung vorgeworfen. Anfang der Woche hatte er sich zu einer umfassenden Aussage bereit erklärt. (APA)