Das in Serbien regierende Bündnis DOS und die montenegrinische "Sozialistische Volkspartei" (SNP) konnten vorerst die tiefe Krise in der jugoslawischen Föderation überwinden. Die Koalitionspartner im Bundesparlament einigten sich auf eine Übergangsregierung mit einem "befristeten und beschränkten" Mandat. Sie soll eine neue jugoslawische Verfassung vorbereiten, die die brüchigen Verhältnisse zwischen Serbien und Montenegro regeln und vorgezogene Bundeswahlen ermöglichen soll und sich in der Zwischenzeit um die wirtschaftlichen Beziehungen mit der Staatengemeinschaft kümmern.

"Aus Protest wegen der Übergabe von Slobodan Milosevic an das Haager Tribunal für Kriegsverbrechen sind die Minister der SNP aus der Bundesregierung zurückgetreten und haben diese Krise ausgelöst", erklärte dem STANDARD Dragoljub Micunovic, Vorsitzender des Bundesparlaments. Die SNP sei früher der Verbündete von Milosevic gewesen, doch in Montenegro versammle sie um sich die projugoslawischen Kräfte, deshalb sei die DOS wegen der Erhaltung der Föderation auf diese Koalition vorübergehend angewiesen.

Die regierenden Parteien in Montenegro und Präsident Milo Djukanovic bestehen dagegen auf der formalen Unabhängigkeit der kleinen Adriarepublik, das heißt, auf einem eigenen Sitz in der UNO.

"Die Position der DOS ist klar. Wir wollen eine lose Föderation mit minimalen gemeinsamen Funktionen und sind in diesem Rahmen für alle Vorschläge aus Podgorica offen", sagt Micunovic. Also eine gemeinsame Verteidigungs- und Außenpolitik und ein freier, offener jugoslawischer Markt. Viel mehr habe Djukanovic damals, als Milosevic noch an der Macht war, gar nicht gefordert. Besonders wichtig sei, dass ein einheitliches Jugoslawien mit einer wesentlich höheren finanziellen Unterstützung der Staatengemeinschaft rechnen könnte. Djukanovic forderte jedoch vorweg, dass Serbien und Montenegro wie zwei selbstständige Staaten verhandeln, was die Situation natürlich erschwert. Er erkenne die Bundesinstitutionen nicht an und akzeptierte nur den serbischen Premier Zoran Djindjic als seinen Gesprächspartner, so Djukanovic. Die montenegrinische Regierung hat sich verpflichtet, spätestens bis Ende Jänner 2002 ein Referendum über die Unabhängigkeit auszuschreiben, das letztendlich das Fortbestehen Jugoslawiens entscheiden würde.

Internationaler Druck

Die internationale Staatengemeinschaft unterstütze die Bemühungen der DOS, die Bundesrepublik Jugoslawien zu erhalten, sagt Micunovic. Djukanovic sei einem starken internationalen Druck ausgesetzt, seine Unabhängigkeitsbestrebungen aufzugeben. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 6. 7. 2001)