Europa
Wohnen wie der Führer
In Hitlers "Alpenfestung" am Obersalzberg entsteht ein Luxushotel - Die Reaktionen sind gespalten
Berchtesgaden - Das Gelände von Adolf Hitlers ehemaliger
"Alpenfestung" auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden wird künftig
touristisch genutzt. Auf dem Gelände des abgerissenen Hitler-
Gästehauses "Platterhof" wird ein Luxushotel mit Golfplatz gebaut.
Der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser gab am Freitag den
Startschuss für das 70 Millionen Mark- (35,8 Mill. Euro/492 Mill. S)
Projekt. Die Anlage soll 2005 eröffnet werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die US-Armee den "Platterhof" für
die Erholung ihrer Soldaten genutzt. Als sie das Anwesen 1996 aufgab,
fiel das Areal mit seinem herrlichen Blick auf Watzmann, Königssee
und bis ins Salzburger Land an den Freistaat Bayern zurück.
München will trotz der geplanten touristischen Nutzung auf jeden
Fall die Entstehung einer Pilgerstätte für Neonazis verhindern. Im
Rahmen des neuen Konzepts entstand bereits die Dokumentationsstelle
"Obersalzberg - Orts- und Zeitgeschichte". Die Ausstellung zur
Geschichte des Nationalsozialismus wurde 1999 eröffnet. Bayern
stellte dafür knapp 6,5 Millionen Mark bereit.
"Die Dokumentation dieses 'Täterortes', der Verführungstechniken
des NS- Regimes und der Grauen des Nazi-Terrors soll vor allem die
Jugend zur Wachsamkeit gegenüber rechter Propaganda aufrufen", sagte
Faltlhauser. Der Hotelbau lege einen wichtigen Grundstein für die
Zukunftsperspektiven der Berchtesgadener Region.
Erbaut wird das Luxushotel von der Bayerischen Landesbank-Tochter
gewerbegrund Projektentwicklungsgesellschaft mbH. Betreiber wird die
Hotelgruppe Inter-Continental Hotels & Resorts. Das neue Hotel soll
den Namen "Berchtesgaden Inter-Continental Resort" tragen.
Bayern hat das Areal nur im Erbbaurecht vergeben. Um zu
verhindern, dass "ewig Gestrige" an diesen "Täter-Ort" zurückkehrten,
habe die Regierung beschlossen, die Liegenschaften nicht zu
verkaufen, sagte Faltlhauser. "Dadurch wird sichergestellt, dass die
öffentliche Hand auf Dauer Einwirkungsmöglichkeiten behält."
Jüdische Verbände gespalten
Jüdische Verbände in Deutschland reagierten am Freitag gespalten
auf die Ankündigung des Hotelprojekts am Obersalzberg. Michel
Friedman, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in
Deutschland, sagte, das Hotel verschleiere die Geschichte. "Der
Zentralrat hält die Entwidmung von historischen Orten für bedenklich.
Die Authentizität von Täterorten ist wichtig", sagte er der
Nachrichtenagentur AP. Richtig wäre gewesen, eine internationale
Jugendbegegnungsstätte zu errichten.
Dagegen äußerte der jüdische Nazijäger Simon Wiesenthal keine
Einwände. "Hitler ist in ganz Deutschland umhergereist. Sagen wir,
wir können nirgends mehr bauen, nur weil er da war?" sagte er der AP.
Rabbi Marvin Hier, Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los
Angeles, meinte: "Wir sprechen über Hitlers Urlaubsresidenz. Ich bin
nicht sicher, dass wir das erhalten müssen." (APA/dpa)