Österreich
Spur der Mafia führte nach Gramatneusiedl
Verhaftung nach Ministermord in Polen
Wien/Warschau - Ein spektakulärer polnischer Mordfall
mit politischen und mafiosen
Verstrickungen könnte in der
kleinen Gemeinde Gramatneusiedl, in der Nähe von
Wien, seine Aufklärung erfahren. Donnerstagfrüh stürmte
die Antiterroreinheit "Cobra"
das Haus des 55-jährigen Jeremiasz B., der im Verdacht
steht, den Mord am ehemaligen polnischen Sportminister
Jacek Debski in Auftrag gegeben zu haben. Der verhaftete
B. ist der Großcousin des Opfers, lebt allerdings seit 20 Jahren in Österreich.
Der 41-jährige Debski, der
bis Februar 2000 der Regierung des konservativen Premiers Jerzy Buzek angehört
hatte, wurde am späten Abend
des 11.
April des heurigen
Jahres in Warschau erschossen. Der Killer lauerte ihm vor
dem Lokal Casa Nostra, in dem
der populäre Expolitiker seinen Namenstag gefeiert hatte,
auf und ermordete ihn mit einem Kopfschuss von hinten.
"Drachentöter"
Bis zu seinem gewaltsamen
Tod war Debski als selbst ernannter Kämpfer gegen Korruption aufgetreten, was ihm
in Polen auch den Spitznamen
"Drachentöter" eingebracht
hatte. Erst nach dem Mord
wurde öffentlich bekannt,
dass der Liebhaber schneller
Autos in kriminelle Machenschaften verwickelt gewesen
sein dürfte. So soll er beste
Kontakte zu der in Polen berüchtigten "Pruszkow-Ban 2. Spalte
de", die in Warschau den Drogenhandel kontrolliert, gepflegt haben.
Bei ihren Nachforschungen
stießen die polnischen Behörden auf B. in Gramatneusiedl.
Debskis Cousin war wiederum
auch hierzulande kein Unbekannter. Sein Name tauchte
erstmals im Vorjahr im Zusammenhang mit der Zerschlagung eines Drogenringes
auf. Die Einsatzgruppe zur
Bekämpfung der organisierten
Kriminalität stellte damals
120.000 Stück Ecstasy sicher -
der Standard
berichtete.
Cousin und Komplize
In Österreich wurde
schließlich die internationale
"Sonderkommission Nord"
unter der Federführung der
Kriminalabteilung Niederösterreich gebildet. Es stellt sich
heraus, dass B. auch in
Deutschland gesucht wurde.
Daraufhin wurde der Verdächtige wochenlang observiert und schließlich verhaftet. Nach Angaben von Kripo-
Chef Herwig Haidinger sei B.
eine große Nummer im internationalen Zigaretten-, Alkohol- und Drogenschmuggel
gewesen. Der polnische Exminister Debski dürfte nicht
nur sein Cousin, sondern auch
sein Komplize gewesen sein.
Die Kriminalisten vermuten
als Mordmotiv, dass Debski
entweder aussteigen und/oder
Schulden nicht zurückzahlen
wollte.
Der Beschuldigte B. wies
bisher alle Vorwürfe zurück.
In Polen befinden sich zwei
weitere Verdächtige in Haft.
Vom Killer fehlt jede Spur.(Michael Simoner, DER STANDARD Print-Ausgabe 7.Juli 2001)