Belfast - Mit starken Sicherheitsvorkehrungen hat sich die britische Armee auf den traditionellen Sonntagsmarsch des protestantischen Oranier-Ordens im nordirischen Portadown vorbereitet, der zu Mittag beginnen sollte. Rund 3000 Soldaten und Polizisten wurden vor Ort entsandt, um gewalttätige Zusammenstöße zwischen militanten Protestanten und Katholiken verhindern. Die unabhängige Paradekommission untersagte den Protestanten zwar im Vorfeld erneut, durch die katholische Garvaghy Road zu ziehen.
Bisher versuchten die pro-britischen Traditionalisten jedoch den Marsch durch von Katholiken bewohnte Straßen stets zu erzwingen. Die nordirische Polizei ist nach Angaben ihres Chefs Ronnie Flanagan "auf das Schlimmste vorbereitet". Gleichzeitig aber gab sich Flanagan optimistisch, dass es dieses Mal nicht zu ähnlich schweren Zusammenstößen wie in den vergangenen Jahren kommen werde.
Höhepunkt Portadown
Eine hohe Stahlsperre, Wassergräben und Stacheldrahtbarrieren sollten die Ordensmitglieder am Sonntag daran hindern, durch das katholische Wohngebiet zu marschieren. In der Nacht zum Sonntag blieb zunächst alles ruhig. Nordirlandminister John Reid und Protestantenführer David Trimble, der vor einer Woche als Chef der nordirischen Regionalregierung zurückgetreten war, riefen die Oranier zur Zurückhaltung auf. Es sei allgemein bekannt, dass paramilitärische Gruppierungen gerne die Gelegenheit als "Vorwand für ihre eigenen Aktionen" nutzten, warnte Trimble im britischen Sender BBC.
Die Parade durch Portadown ist Höhepunkt der alljährlichen Marsch-Saison der nordirischen Protestanten. Mit den lautstarken Umzügen gedenkt der Orden des Sieges des protestantischen Königs Wilhelms III. von Oranien über seinen 1688 vertriebenen katholischen Schwiegervater Jakob II. Stuart am 12. Juli 1690 in der Schlacht am Fluss Boyne (richtig). Jakob wurde von 7.000 französischen Soldaten unterstützt.
Die 1795 gegründete Bruderschaft hat eigenen Angaben zufolge rund 100.000 Mitglieder. Auch Trimbles Ulster Unionist Party (UUP), die größte protestantische Partei in Nordirland, steht dem Oranier-Orden nahe. Dieser betrachtet sich als Bollwerk gegen die von vielen nordirischen Katholiken gewünschte Vereinigung mit der Republik Irland und als Gralshüter protestantischer Traditionen in der britischen Provinz. (APA)