Deutschland, Mitte der Achtziger: Männer mit längsgestreiften Hemden und paisley-gemusterten Hosenträgern sitzen in der Daimler-Zentrale und beraten über die Erringung der Weltherrschaft. Das war damals gewissermaßen State of the Art. Die Reaganomics, angeführt von einen knittergesichtigen B-Movie-Revolverhelden, signalisierten: Die Welt gehört uns. Die Aktienkurse an der New Yorker Wall-Street schrammten am Plafond, der Klassenfeind hing angeschlagen in den Seilen und Zukunftsdeuter John Naisbitt machte Adjektive wie „protzig“, „cool“, „rücksichtslos“ und „gierig“ zur Lebensphilosophie und schuf den „Yuppie“.Gegen das... „Wir bauen das beste Auto der Welt“, kam einem also relativ locker über die Lippen. So muss das gewesen sein, damals, in der Mercedes-Vorstandsetage in Stuttgart-Untertürkheim. Die S-Klasse, die Luxus-Modellreihe des Konzerns, stand vor der Renovierung - eine willkommene Möglichkeit, schwäbischer Ingenieurskunst ein einzigartiges Denkmal im Olymp der Automobilgeschichte zu setzen. Es kam anders. Völlig anders. Auch für Mercedes ist die Zeit irgendwann einmal reif für Lektionen in Demut. ...betörende Odeur... Bereits im Zuge der Entwicklung zeichnete sich das Ausmaß der kommenden Katastrophe ab. So attestierten Versuchsfahrer dem Mercedes-Flaggschiff noch bei einem der letzten Tests auf der Nordschleife des Nürburgrings das Fahrverhalten einer „Nußschale bei schwerem Seegang“. Bremsen und Reifen des Zwei-Tonnen-Monstrums waren viel zu klein dimensioniert. Notwendige Nachbesserungen warfen die Ingenieure um ein Jahr zurück. Beim Reifenproduzenten musste ein eigens für die S-Klasse entwickelter Pneu in Auftrag gegeben werden. Das inhomogene Fahrverhalten blieb. ...des Zeitgeists ist schwer anstinken Mit deutscher Gründlichkeit wurden in den Prestige-Koloss horrend teure Neuentwicklungen hineinverbaut. Einige waren revolutionär, andere erinnern in ihrem Nutzwert an Features aus der Barockzeit der US-Autoproduktion.

  • Die Seitenscheiben wurden zwecks Klimaverbesserung im Innenraum doppelt verglast. Die Entwicklung war aufwendig, das daraus resultierende Mehrgewicht enorm.
  • Beim Drehen des Schlüssels im Kofferraumschloss fuhr automatisch ein vor Verschmutzung geschützter Griff aus.
  • Signifikant für die offensichtlich grassierende Verunsicherung der Entwicklungsverantwortlichen: Bei eingelegtem Rückwartsgang surrten, dein Name sei „Einparkhilfe“, zwei Peilstäbe aus dem Heck des Nobelschlittens.
    S-U-P-E-R-P-E-I-N-L-I-C-H.
Die Entwicklung dieser und weiterer Bonmots kostete Zeit. Mehr Zeit als angenommen. Der vorgesehene Präsentationstermin des W 140 verzögerte sich um Monate. Zum zweiten Teil dieser packenden Story...