Kriege, Krisen und Katastrophen sind die hauptsächlichen Anlässe für ORF-Berichte über die so genannte Dritte Welt. Dies ergab eine von den Landesregierungen Niederösterreich und Steiermark finanzierte Studie über die entwicklungspolitische Berichterstattung des Küniglbergs. Die Folge: "Diese Welt prägt sich uns als Schauplatz von Chaos und Gewalt ein", schreibt der Autor der Studie, Ralf Leonhard.
Generell spiele das Ausland in den österreichischen Medien eine untergeordnete Rolle: "Je weiter weg, desto weniger bedeutsam." Doch beim ORF sei das mangelnde Interesse besonders stark ausgeprägt: "Weil dort die Quotenfrage eine andere Rolle spielt, als im Printbereich", kommentiert der freie Journalist im Gespräch mit dem STANDARD die Ergebnisse der Analyse der "ZiBs 1-3" sowie der Magazine "Thema, Report International", "Brennpunkt", "Am Schauplatz", "Orientierung" und "Kreuz & Quer".
Und Quote gibt es offensichtlich nur mit Krise: Drei Viertel der ORF-Berichte über die nichtindustrialisierte Welt außerhalb Europas in den beiden untersuchten Zeiträumen (Frühling und Herbst 2000) lassen sich unter die Bereiche Krieg, Bürgerkrieg, Kalter Krieg, Regierungskrise und Katastrophe subsumieren. "Das Kriterium des Spektakulären ist ausschlaggebend bei der Themenauswahl", konstatiert die Analyse. Politische Hintergründe werden nur selten und meist zu später Stunde geboten. Leonhards Fazit: "Für den österreichischen TV-Konsumenten bleibt die Dritte Welt eine unbegreifliche exotische Gegend, in der sich vor allem gewalttätige, irrationale Konflikte abspielen."
Leonhards Zeugnis für die deutschen Öffentlich-Rechtlichen fällt wenig besser aus: Auch die Nachrichten- und Magazinsendungen von ARD und ZDF beschränken sich meist auf von internationalen Agenturen vorgegebenen Hauptthemen. Aber: "Die Gestaltung der deutschen News ist um einiges interessanter und individueller." (jed - DER STANDARD, 10.7.2001)