New York - Wenn Sie einen Kolonisten auf dem Mars erreichen wollen, müssen Sie eine E-Mail an die Domain "mars.sol" schicken. Neueste Bilder vom Jupitermond Europa gibt es auf einer Web-Site mit der Endung "europa.sol", der Planet mit dem Ring präsentiert sich unter "saturn.sol". Zukunftsmusik? Sicher. Aber ein Internet, das einmal das gesamte Sonnensystem umspannt, sind in Ansätzen schon jetzt zu erkennen. Das erste Teilstück, ein Kurzstrecken-Sender und -Empfänger, startete in diesem Jahr mit der Raumsonde "Mars Odyssey" zum Roten Planeten. Erreichen soll die Sonde den Planeten im Oktober. Ein Mars-Internet könnte dann einmal verschiedene auf dem Planeten gelandete Geräte und Sonden im Orbit miteinander verbinden. Nach und nach könnte das Netz dann auf andere Planeten und Monde ausgedehnt werden. Reich der Fantasie Allein die Entwicklung der Computer für das interplanetarische Internet dürfte Jahrzehnte dauern. Aber die Techniken, die entwickelt werden müssen, um die entlegenen Gebiete des Sonnensystems zu erreichen, könnten sich als hilfreich erweisen, wenn es darum geht, entlegene Gebiete auf der Erde ans Netz anzuschließen, denn schließlich ist es auch hier noch in Entwicklung begriffen. "Irgendwo muss man anfangen", sagt Vinton Cerf, einer der Internet-Pioniere und Berater des Weltraumprojekts. "Für viele gehört das interplanetarische Internet vielleicht noch ins Reich der Fantasie, aber es geht um Technik. Und das ist eine Sache, mit der wir uns auskennen." Der Aufbau werde Schritt für Schritt erfolgen, sagt Adrian Hooke, Projektleiter des interplanetarischen Internet. Die notwendigen Geräte würden nach und nach im Zuge der künftigen Raumflüge ins All gebracht. "Deep Space Network" Das Konzept ist natürlich noch im Entwurfsstadium. Einen Zeitplan oder Ähnliches gibt es noch nicht, erste grobe Planungen sollen aber noch in diesem Jahr erfolgen, wie Hooke erklärt, der am NASA-Labor für Strahltriebwerke (Jet Propulsion Laboratory) arbeitet. Die NASA hat im Rahmen ihres "Deep Space Network" genannten Programms schon drei Satellitenschüsseln allein für den Empfang von Signalen von Raumsonden abgestellt. Für das interplanetarische Internet sollen die Techniken standardisiert werden, so dass die Sonden auch untereinander kommunizieren können und nicht nur mit der Erde. Ein Mars-Roboter könnte so eines Tages Bilder von dem Planeten an einen Vermittlungssatelliten im Orbit schicken, der sie verstärkt und weiter zur Erde sendet. Bei fehlenden Daten könnte er automatisch um Wiederholung bitten. An der jetzt ins All geschickten Mars-Relaystation haben auch schon andere Raumfahrtorganisationen als die NASA ihr Interesse bekundet. Erde an Mars Das interplanetarische Internet wird aber wohl ein anderes Übertragungsprotokoll benutzen als das irdische. Zusammengehalten wird dieses von von dem Übertragungsprotokoll TCP/IP, das aber eine ständige Verbindung voraussetzt. Allein schon die Übertragungszeiten von 15 bis 45 Minuten von der Erde zum Mars und zurück sind da ein Problem. Hinzu kommen die unterschiedlichen Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne, die eine ständige Verbindung fast unmöglich machen. Für den Weltraum setzen die Forscher auf ein Verfahren, das ähnlich funktioniert wie eine E-Mail. Die Nachrichten werden so lange auf dem Rechner gespeichert, bis eine Verbindung hergestellt ist, dann erst werden sie gesendet. Cerf, der in den siebziger Jahren an der Entwicklung von TCP/IP beteiligt war, befasst sich schon seit einiger Zeit mit dem Internet im Weltraum. "Es ist aufregend", sagt er. "Es ist, als ob man in einem Science-Fiction-Roman lebt. Man weiß nicht genau, was am Ende dabei heraus kommt, aber man spürt, dass man an etwas Besonderem arbeitet." (APA)