Snowmass Village - Über einen Teilchenbeschleuniger, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen soll, berieten dieser Tage im amerikanischen Bergdorf Snowmass Village (Colorado) die Direktoren der wichtigsten Physikforschungszentren aus Europa, Japan und den USA. Aus vielen Weltgegenden deshalb, weil die Anlage so groß, leistungsstark und technisch aufwendig werden soll, dass sie ein Land allein nicht finanzieren könnte. Die Supermaschine mit einer Beschleunigungsstrecke von rund 20 Kilometern wünschen sich die Physiker nicht allein, um die Eigenschaften von Materie und Energie besser verstehen zu lernen, sondern auch um die Entstehung des Universums und die Struktur von Zeit und Raum zu entschlüsseln. Einige Theoretiker gehen sogar von der Hoffnung aus, dass sich mithilfe eines solchen Superbeschleunigers neben den vier bekannten Dimensionen noch eine weitere auftun könnte. Und natürlich ist es bis jetzt auch noch nicht gelungen, die Existenz von Teilchen wie dem postulierten Higgs-Boson (es verleiht anderen Teilchen Masse) und der so genannten dunklen Materie (sie macht den Großteil des Universums aus) im Experiment nachzuweisen. Drei Wochen lang bemühten sich die Direktoren der Forschungszentren zusammen mit an die tausend Wissenschaftern um einen Konsens. Bei den wissenschaftlichen Notwendigkeiten war man sich bald einig, offen blieb nur, ob der Beschleuniger geradlinig oder ringförmig angelegt werden soll. Gar nicht zu lösen war hingegen die Frage, welchem Land der Standortvorteil eingeräumt und woher das Geld - immerhin stolze sechs Milliarden Dollar - kommen soll. Standortstreit Apropos Standort: Die Amerikaner als vermutlich größter Geldgeber sind bestrebt, das neue Forschungszentrum in ihr Land zu ziehen, während deutsche Wissenschafter für ein irgendwo angesiedeltes Labor plädieren, dass von vielen Ländern aus benutzt werden kann. Auch die Japaner haben bereits Ansprüche angemeldet. Aber die Amerikaner führen ein zuletzt in Europa oft zu hörendes Argument ins Treffen: Der bereits im Bau befindliche, 2006 fertig werdende Large Hadron Collider steht bei Genf und stärkt Europas Forschungsposition. Stünde der neue, frühestens 2011 betriebsbereite wieder in Europa oder gar in Japan, gerieten die USA wissenschaftlich ins Hintertreffen. (NYT, 10. 7.) (hk)