Wirtschaft
Die Cure für miese Webseiten
Wiener Usability-Zentrum profitiert von kommerziellen Internetaufträgen
Wien - In einem Computerlabor in Wien-Simmering sitzt eine Testperson vor einem PC und versucht, über Internet einen Liter Milch zu bestellen. Kameras verfolgen jeden Mausklick, und ein "Eye-Tracker" auf dem Kopf registriert sogar, wohin sie auf dem Bildschirm blickt. Ein Experte in einem Nebenraum notiert, wie lange es dauert, bis die Bestellung beendet ist, und wo auf der Website sich die Testerin verheddert.
Mit solchen Testläufen werden im Wiener Center for Usability Research & Engineering (Cure) zahlreiche Homepages auf Benutzerfreundlichkeit getestet. Das Ergebnis ist laut Verena Giller, Geschäftsführerin des als Non-Profit-Organisation geführten Instituts, ernüchternd.
Wie schon bei Videorekordern und Mobiltelefonen, die ebenfalls von Cure getestet werden, können zwar viele Internetseiten alle technischen Stücke spielen, sind aber für den normalen Benutzer oft kaum zu gebrauchen. "Wir sind das Sprachrohr der Benutzer", sagt Giller, die sich vor fünf Jahren gemeinsam mit Kogeschäftsführer Manfred Tscheligi von einem Uniinstitut getrennt und mit Unterstützung der Wiener Exfinanzstadträtin Brigitte Ederer Cure gegründet hat.
Schnittstelle zwischen Mensch und Ding
Mit rund 20 Mitarbeitern aus verschiedenen Disziplinen - Techniker, Betriebswirte, Psychologen und Soziologen - wird die Schnittstelle zwischen Mensch und Ding bei Webseiten, Geräten, Spielzeug und sogar Einkaufszentren auf ihre Effizienz getestet. Dank Cure, das das größte unabhängige Usability-Labor Europas hat, sollte der weltweite Usability-Kongress 2004 auch nach Wien kommen.
Anfangs lag das Hauptaugenmerk bei Anlagen für Fluglotsen, wo gute Benutzbarkeit Menschenleben retten kann, und die Firma Frequentis war der Hauptkunde. Inzwischen machen Tests von Webseiten mehr als die Hälfte der Aufträge aus, sagt Giller, die selbst aus der Psychologie kommt. Aber Anfragen kommen aus allen Ecken: So wurde Cure um Tipps bei der Aufstellung eines Buffets gebeten.
Weil rein kommerzielle Aufträge Überhand nehmen, haben Giller und Tschelegi nun ein eigenes Unternehmen, Usecon, gegründet, um diese von allgemeinen wissenschaftlichen Forschungsaufträgen zu trennen. Damit sollte auch der Eindruck vermieden werden, dass mithilfe öffentlicher Gelder Geschäfte gemacht werden, sagt Giller. (Eric Frey, DER STANDARD, Printausgabe 12.7.2001)