Paris/Wien - Fast Woche für Woche laden französische Parlamentarier seit vergangenem Herbst Zeugen und politische Entscheidungsträger aus der Zeit des Srebrenica-Massakers vor. Der so genannte "Informationsausschuss zu den Ereignissen von Srebrenica" unter Leitung des Sozialisten François Loncle soll einen Verdacht aufklären helfen: Dass die französische Regierung und der Kommandant der damaligen UN-Truppe, General Janvier, einen Handel mit Ratko Mladic trafen - keine Luftangriffe auf die serbischen Truppen bei Freilassung der als Geisel genommenen Blauhelmsoldaten.

Generäle und Exminister standen seither vor dem Ausschuss, darunter Alain Juppé, französischer Premier zu jener Zeit. Der frühere UN-Generalsekretär Boutros-Ghali sagte seinen Auftritt im letzten Moment ab, dafür sprach der damalige UN-Sondergesandte Yasushi Akashi. Luftschläge der UN-Truppen hätten die Serben sehr wohl vom Eindringen in die UN-Schutzzone abgehalten, meinte Akashi.

Zu einem Ergebnis kamen die 13 Abgeordneten bislang nicht. Zu ängstlich sei ihre Untersuchung, sagen die Kritiker. Doch der Ausschuss hat keine rechtliche Handhabe. Für die Verantwortlichen von "Ärzte ohne Grenzen" ist zumindest klar, dass die Aufgabe der UN-Schutzzonen von Srebrenica und Zepa das Friedensabkommen von Dayton erleichterte. Expremier Juppé widersprach dem nicht. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 12. 7. 2001)