Wien - Wenn die ÖVP am heutigen Freitag zur "1. Österreichischen Bioethik-Konferenz" ins Wiener Siemens-Forum lädt, kann von Einigkeit keine Rede sein: "Der gesellschaftliche Riss, den diese notwendige Debatte verursacht", sagt Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer, "geht quer durch alle Parteien, natürlich auch durch die ÖVP." Bei den Christdemokraten liegen die Interessen einerseits in den ethischen Fragen, in denen die ÖVP vom katholischen Moraltheologen Günther Virt beraten wird, andererseits im Bereich der Forschungs- und Standortpolitik, wo sich viele - zuletzt animiert durch einen Vorstoß des Gynäkologen und Bioethikkommissionsvorsitzenden Johannes Huber - eine stärkere Liberalisierung wünschen würden. Molterer hält die politische Grundsatzrede auf dem Kongress, dessen vier Hauptthemen die Humangenomforschung, der rechtliche Status des Embryos "in vitro" ( im Zuge der künstlichen Befruchtung), die Problematik von Gentests und Fragen rund um Klonen und Stammzellenforschung sein werden. Bei allen Unterschieden in der Bewertung ist für den Landwirtschaftsminister eines fix: "Am Ende werden Änderungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes stehen", und zwar einfach deshalb, weil sich seit dem Beschluss dieses Gesetzes 1992 "ganz neue Fragen" - gerade auch im Bereich der Präimplantationsdiagnostik - aufgetan hätten, auf die das Gesetz in seiner geltenden Form keine Antworten gebe. Was die "grüne" Gentechnik, also deren Einsatz in Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie angeht, sieht Molterer seine Haltung - "nicht grundsätzlich alles verbieten" - durch den jüngsten UNDP-Bericht bestätigt. Dort wird erstmals der Einsatz von gentechnisch bearbeitetem Saatgut zur Bewältigung des Hungerproblems empfohlen. "Nachhaltigkeit und der Einsatz von Gentechnik schließen einander nicht aus", meint Molterer, da auch die Sicherstellung der Ernährung ein Aspekt der Nachhaltigkeit sei. Allerdings müsse zugleich genug in die Risikoforschung investiert werden, und es dürfe nicht mehr nur hinter verschlossenen Türen diskutiert werden: "Es braucht einen offenen, transparenten Dialog." (DER STANDARD, Print-Ausgabe 13. 7. 2001)