Das Schicksal der schwer angeschlagenen Libro-Internettochter Lion.cc hängt am sprichwörtlich seidenen Faden. Findet sich nicht doch noch ein Käufer für das E-Commerce-Portal muss dem Vernehmen nach Anfang kommender Woche der Gang zum Insolvenzrichter angetreten werden. Sage und schreibe Nach einem Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger & Partner hat Lion.cc im Geschäftsjahr 2000/2001 bei einem Umsatz von 162 Mio. S ein negatives Ergebnis von sage und schreibe 745 Mio. S (54,14 Mio. EURO) eingefahren. Seit dem Start des Internetgeschäftes habe Lion knapp eine Milliarde Schilling verheizt. Derzeit liegt der monatliche Verlust bei mindestens 15 Mio. S. Ein Handelsfachmann sagte: "Lion hat sich als Internetserviceprovider, Content-Anbieter und Internethändler versucht. Das war natürlich viel zu viel. Da wurde mehr investiert, als wirtschaftlich zu vertreten war." Momentan laufen intensivste Verhandlungen zwischen der Libro AG, die selbst im Ausgleich ist, den involvierten Banken sowie potenziellen Interessenten für Lion.cc. Ein Verhandlungsteilnehmer sagte: "Es ist noch nicht alles aus, aber alle zieren sich. Es ist ein Krampf. Die Interessenten für Lion wollen, dass die Firma vor dem Kauf hergerichtet wird, die Banken und Libro wollen aber kein Geld mehr in die Hand nehmen. Die Frage ist, wer als Erster aufgibt und ob sich das zeitlich ausgeht." Bankenvertreter bestätigten am Freitag nur, dass "keine Lion-Insolvenz geplant" sei. Hintergrund der krampfhaften Käufersuche dürfte die Angst im Kreditsektor sein, dass der Libro-Ausgleich "massiv wackelt", sollte das Löwenbaby Lion in den Konkurs schlittern. Andererseits hatte der neue Libro-Vorstandssprecher Werner Steinbauer zuletzt ganz offen erklärt: "Wenn ein Verkauf nicht möglich ist, dann sehe ich keine andere Möglichkeit, als dass Lion in Konkurs geht." "Entscheidend tangiert" Klarheit über das weitere Lion-Schicksal sollte am Dienstag bei der nächsten Libro-Gläubigerbeiratssitzung herrschen. Nach Aussagen des Libro-Ausgleichsverwalters, dem Mödlinger Anwalt Günther Viehböck, sei noch nicht abzusehen, ob ein eventuelles Insolvenzverfahren von Lion.cc die Ausgleichsbemühungen für die Libro AG "entscheidend tangiert". Die Libro-Ausgleichstagsatzung, bei der zwei Drittel der Gläubiger das Quotenangebot absegnen müssen, findet am 21. September statt. Jeder Schilling, den Libro bis dahin ausgibt, muss vorher von den finanzierenden Banken freigegeben werden. Dem Vernehmen nach wird versucht, der Telekom Austria (TA), vormalige 25-Prozent-Eigentümerin von Libro, eine finanzielle Nachschusspflicht umzuhängen. Die TA war im Herbst 1999 um 1,3 Mrd. S eingestiegen, hat das Engagement in der Bilanz 2000 auf null abgeschrieben ihren Anteil nun um einen Schilling hergeschenkt. (Michael Bachner - Der Standard Printausgabe)