Bonn - Das Klimaschutz-Abkommen von Kyoto sieht drei Instrumente vor, die den Vertragsstaaten Flexibilität bei der Umsetzung ihrer Ziele zur Reduzierung des Ausstoßes an Kohlendioxid (CO2) erlauben. Die konkrete Ausgestaltung wie auch die Anrechnung natürlicher Kohlenstoff-Speicher sowie ein Überwachungs- und Strafsystem sind wichtige Verhandlungspunkte der Klimakonferenz ab Montag in Bonn. Grundlage ist ein Verhandlungstext des niederländischen Umweltministers und Konferenz-Vorsitzenden Jan Pronk. Über EMISSIONSZIELE wird in Bonn nicht mehr verhandelt: Sie sind im Kyoto-Abkommen von 1997 festgelegt. Die Industrieländer müssen im Zeitraum 2008 bis 2012 ihren Ausstoß an Treibhausgasen um insgesamt 5,2 Prozent im Vergleich zu 1990 verringern. Die Lasten sind unterschiedlich verteilt. Für die USA gilt ein Reduktionsziel von sieben Prozent, für Japan und Kanada von sechs Prozent, für die Europäische Union (EU) von insgesamt acht Prozent. In der EU muss Deutschland den Ausstoß um 21 Prozent verringern, Großbritannien um 12,5 und Italien um sechs Prozent. Frankreich muss ebenso wie Russland seine Emissionen auf dem Niveau von 1990 nur stabilisieren. FLEXIBILITÄT: Industrieländer dürfen ihre Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgase teilweise im Ausland erbringen. Strittig ist, in welchem Umfang das geschehen darf. Die EU will, dass Industrieländer mindestens 50 Prozent ihrer Verpflichtungen durch Maßnahmen im eigenen Land erbringen. Der Pronk-Text enthält keine Begrenzung und spricht von Maßnahmen "hauptsächlich" im eigenen Land. INSTRUMENTE zur Flexibilität: - Emissionshandel (emissions trading): Ein Land, das die ihm zugestandene Emissionsmenge unterschreitet, kann Lizenzen für die verbliebenen Emissionsrechte an andere verkaufen. Der Käufer kann dies als eigene Emissionsminderung verbuchen und entsprechend mehr Treibhausgase im eigenen Land ausstoßen. Durch diesen Handel mit "heißer Luft" werden CO2-Emissionen zwischen Ländern verschoben, aber nicht reduziert. - Joint Implementation (JI): Sie erlaubt Industrieländern gemeinsame Projekte. Land B finanziert eine Windkraftanlage in Land A. Die dort vermiedene Emission darf sich B gutschreiben, Land A wird eine entsprechende Menge abgezogen. - Clean Development Mechanism (CDM): Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung funktioniert ähnlich, betrifft aber die Kooperation mit Entwicklungsländern. Ein Industrieland finanziert dort beispielsweise als Projekt zur Verminderung der Treibhausgase ein Solarkraftwerk. Es darf sich im Gegenzug die dadurch vermiedenen CO2-Emissionen gutschreiben lassen. Umstritten ist bei JI und CDM unter anderem, wie der CO2-Bonus für einen Investor berechnet wird. Offen ist auch, welche Projekte dafür zugelassen werden. Atomenergieprojekte sollen nach dem Pronk-Text ausgeschlossen werden. SENKEN: Als solche gelten natürliche Speicher für Kohlenstoff - wie Vegetation, Böden, Meere. Strittig ist, inwieweit die Erweiterung von Senken vor allem durch das Anpflanzen von Bäumen als Klimaschutzmaßnahme angerechnet wird. Kritiker sehen darin eines der größten Schlupflöcher, da Wälder durch Waldbrände oder Schädlingsbefall vernichtet werden können und den aus der Luft gebundenen Kohlenstoff dann wieder abgegeben. ERFÜLLUNGSKONTROLLE: Pronk schlägt vor, einem Land bei Nicht-Erfüllung seines Reduktionsziels eine zusätzliche CO2-Minderung für einen späteren Zeitraum aufzuerlegen. EU und Bundesregierung begrüßen dies als "anspruchsvoll". FINANZPAKET: Für die Entwicklungsländer sollen jährlich Finanzhilfen in Höhe von einer Milliarde US-Dollar für Klimaschutz-Projekte zur Verfügung gestellt werden. Über die Finanzierung werden schwierige Verhandlungen erwartet, zumal offen ist, ob sich die USA trotz ihres Neins zum Kyoto-Abkommen finanziell beteiligen werden. (APA/Reuters)