Von den 60 Mio. Einwohnern packt jeder Vierte weniger als einmal im Jahr die Koffer; fünf Millionen verbringen ihre Ferien sogar immer zu Hause. Und das nur in den seltensten Fällen freiwillig: Meist verfügen sie schlicht nicht über die Mittel, um sich für sich und ihren Angehörigen Ferien außerhalb der eigenen vier Wände zu leisten.
"Nicht zu verreisen ist eines der wichtigsten Zeichen sozialen Ausschlusses", meint die französische Tourismusministerin Michelle Demessine kürzlich bei einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen in Brügge. "Wir denken, dass nicht nur Ferien ein Grundrecht für Erwerbstätige sind, sondern auch die Möglichkeit zu verreisen."
Das System der "Chèques-Vacances" (Urlaubsschecks) gibt es in Frankreich seit 1982. Wenigverdienende sind angehalten, für die Ferien zu sparen, wobei sie von den Unternehmen meist tatkräftig unterstützt werden. Bezugsberechtigt sind Leute mit einem steuerbaren Einkommen von maximal 89.000 Francs (13.579 EURO/186.700 S) im Jahr.
Nationale Institution
Jede Firma handelt mit der Nationalen Agentur für Ferienschecks (ANCV) eine eigene Regelung aus. Diese verpflichtet den Arbeitgeber, zwischen 20 und 80 Prozent des Ferienscheck-Kontos einzuzahlen. Für den Rest kommen die einzelnen Angestellten auf, die zum Teil durch Beiträge des Betriebskomitees zusätzlich gestützt werden.
Die Schecks sind nach zwei Jahrzehnten bereits eine landesweite Institution geworden. 4,5 Mio. Franzosen benützten sie im Jahr 2000. Der Umsatz beträgt jährlich mehr als vier Mrd. Francs. 130.000 Hotels, Campingplätze, Res- taurants, Reisebüros oder Transportbetriebe des Landes nehmen die Schecks an.