Moskau - Der russische Präsident Wladimir Putin und der chinesische Staats- und Parteichef Jiang Zemin haben am Montag in Moskau ihre Gipfelgespräche aufgenommen. Im Mittelpunkt ihrer Unterredung im Kreml sollten nach Angaben von Diplomaten die umstrittenen Raketenabwehrpläne der USA stehen. Beide Länder wollen dabei ihren Widerstand koordinieren. Vor dem Treffen hatten beide Länder jedoch ausgeschlossen, dass der gemeinsame Widerstand gegen die US-Raketenabwehrpläne zu einer weit reichenden Allianz Russlands und Chinas in der Weltpolitik führt. Der neue chinesisch-russische Vertrag über gute Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit wird nach den Worten von Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin das Verhältnis zwischen den beiden Mächten auf einen qualitativ höheren Partnerschaftsstand heben. Wie Jiang in einem ITAR-TASS-Interview am Montag hervorhob, wird bei seinem gegenwärtigen Russland-Besuch ein langfristiger Plan zur Förderung der bilateralen Beziehungen abgestimmt. "Übereinstimmende oder nahe liegende Standpunkte" China und Russland nehmen, so Jiang, "übereinstimmende oder nahe liegende Standpunkte" zu den Fragen der Regelung internationaler Probleme ein. Im Juni hatten die beiden Mächte zusammen mit vier ehemaligen Sowjetrepubliken ein neues Bündnis zur Abwehr der Gefahren des islamischen Fundamentalismus und Separatismus in Zentralasien geschlossen. Durch den Beitritt Usbekistans zu der seit 1996 bestehenden Gruppe der so genannten "Shanghai-Fünf" (der neben China und Russland Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan angehörten) wurde die neue "Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit" gegründet. Wie aus dem russischen Außenamt verlautete, werden Jiang und Präsident Wladimir Putin dem Problem des Raketenabwehrprogramms der USA besondere Aufmerksamkeit schenken sowie über die Krisen im Irak, im Kosovo und im Nahen Osten beraten. Putin hat vorgeschlagen, eine internationale Balkan-Konferenz einzuberufen, auf der die "rechtlichen Grundlagen für die Stabilität der Region" festgelegt werden sollten. Dabei sollte ein Abkommen über die territoriale Unverletzlichkeit aller Staaten des südosteuropäischen Raums unterzeichnet werden. China hat die Auslieferung des jugoslawischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic an das Haager UNO-Kriegsverbrechertribunal ebenso verurteilt wie die NATO-Angriffe auf Jugoslawien im Kosovokrieg. Während des Bombardements war auch die chinesische Botschaft in Belgrad im Mai 1999 getroffen worden. "Keine besondere Gefahr für US-Pläne" Die USA betrachten den Freundschaftsvertrag zwischen China und Russland mit Gelassenheit. Zugleich wiesen sie die jüngste gemeinsame Kritik Russlands und Chinas an ihren Raketenabwehrplänen zurück. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, sagte am Montag, "wenn sie (China und Russland) friedlich zusammenarbeiten, dann ist dies im Interesse der USA". Außenamtssprecher Richard Boucher erklärte: "Wir sehen dies nicht als eine besondere Gefahr für unsere Pläne." Boucher wandte sich jedoch entschieden gegen die Kritik des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des chinesischen Staats- und Parteichefs Jiang Zemin an dem jüngsten US-Raketentest. Washington werde an seinem Plan für die Raketenabwehr festhalten, sagte Boucher. Er betonte, die USA hätten das Recht, sich von dem ABM-Vertrags von 1972 zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen zurückzuziehen. Russland und China hatten zuvor in Moskau ihren Widerstand gegen die umstrittenen US-Raketenabwehrpläne bekräftigt. In einer am Montag unterzeichneten Erklärung sprachen sich Putin und Jiang für die Beibehaltung des ABM-Vertrags in unveränderter Form aus. Sie unterstrichen die "grundsätzliche Bedeutung des ABM-Vertrags als Eckpfeiler der strategischen Stabilität". (APA)