Jerusalem - Sandi Dubowski, der 30-jährige Regisseur des Films "Trembling before G-d", war von den Reaktionen überwältigt. Nach der Israel-Premiere seines Dokumentarfilms über homosexuelle orthodoxe Juden umringten ihn Zuschauer, gratulierten ihm, weinten. Schon vor der Vorführung beim Jerusalemer Filmfestival sagte der amerikanische Dokumentarfilmer, die israelische Premiere des Films sei wohl die wichtigste überhaupt. "Den Film in Jerusalem zu zeigen, heißt, ihn zu seinen Wurzeln zu bringen." So waren auch viele Mitwirkende am Sonntagabend eigens nach Jerusalem gekommen. Das Tabu von Homosexualität in der Orthodoxie Auch im Film, einer amerikanisch-israelisch-französischen Koproduktion, reisen einige der Protagonisten in die als heilig geltende Stadt. Mark zum Beispiel, Sohn eines britischen Rabbis, der wegen seiner Homosexualität von verschiedenen Toraschulen abgewiesen wurde und, mittlerweile HIV-positiv, doch den Weg zurück in die Orthodoxie sucht. Dubowski ist es in fünfjähriger Arbeit gelungen, ganz unterschiedliche Menschen zu finden, die sich im Konflikt zwischen orthodoxem Judentum und ihrer Homosexualität befinden. Viele von ihnen zeigen sich nur als Schattenriss, sprechen mit veränderter Stimme, da sie ihre Homosexualität auch vor dem engsten Umfeld verbergen. Einige, wie der orthodoxe Rabbi Steve Greenberg, bekennen sich offen zu ihrem Schwulsein und versuchen, andere bei ihrem Umgang damit zu unterstützen. "Outing" auch in der orthodoxen Umgebung Greenberg, der aus den USA zur Premiere anreist, bemühte sich, die Verzweiflung der Betroffenen zu erklären: Sie müssten neue Lebensformen finden, weil das Zusammentreffen von orthodoxem Judentum und Homosexualität tabuisiert sei. "Die meisten sind in dieser Situation gebrochen, verängstigt, depressiv." Die beste Lösung sei, wenn die Betroffenen sich auch in ihrer orthodoxen Umgebung offen zu ihrer sexuellen Neigung bekennen. In den USA hätten das schon einige Orthodoxe umgesetzt, in Israel selbst sei ein "Outing" weit schwieriger. Breitere Diskussionen beginnen sicher mit dem Kinostart Regisseur Dubowski will mit seinem Film zu einer Veränderung beitragen und ist bereits auf große Resonanz gestoßen. In den USA gab es Diskussionsrunden mit Rabbis und mit Strengreligiösen anderer Konfessionen, auf der Berlinale erhielt der Film zwei Auszeichnungen. Gespannt sind die Beobachter aber vor allem darauf, wie der Film in der israelischen Öffentlichkeit ankommt. Im Dezember wird "Trembling before G-d" in den Kinos gezeigt, im nächsten Frühjahr läuft er im Fernsehen. Spätestens dann rechnet Rabbi Greenberg auch mit negativen Reaktionen orthodoxer Juden, die von der Vorführung beim Jerusalemer Filmfestival kaum Notiz genommen hätten. (APA/dpa)