Es ist nicht das erste Mal, dass Russland und China einen Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit unterzeichnen. Schon 1950 versicherten sich die Brüder im Sozialismus ihrer gegenseitigen Unterstützung, was dem real existierenden Misstrauen zwischen den Staaten keinen Abbruch tat und 1969 fast zu einem Krieg wegen Grenzstreitigkeiten führte. Verträge zwischen Moskau und Peking waren in der Vergangenheit oft das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt waren.

Das soll nun alles anders werden. Zwischen dem größten Staat und dem bevölkerungsreichsten Land der Erde soll nun eine "strategische Freundschaft" entstehen, "übereinstimmende Standpunkte" sollen ausgebaut werden, rechtzeitig vor dem G-8-Gipfel in Genua. Angesichts der Ressourcen beider Staaten könnte hier tatsächlich eine machtvolle Allianz entstehen. Vordergründig geeint hat Moskau und Peking der Widerstand gegen US-Pläne, ein Raketenschutzschild aufzubauen, und der Wunsch nach einer "multipolaren Welt".

Dennoch wächst hier kein neues Machtzentrum, die Partnerschaft der beiden Länder ist eher taktischer als strategischer Natur. Wladimir Putin fällt kein Stein aus der Krone, wenn er Chinas Anspruch auf Taiwan unterstützt, und Jiang Zemin kann ebenso problemlos Moskaus Missbilligung der Nato-Erweiterung vertreten. In Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik haben sich beide hinter den Kulissen längst arrangiert, der gemeinsame Gegner in Washington verbindet.

Der echte Fortschritt in den Beziehungen liegt aber auf wirtschaftlichem Gebiet. Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern beträgt heute gerade 120 Milliarden Schilling - ein Bettel. Intensiviert sich der Handel zwischen Moskau und Peking, entstehen hier enorme Märkte, die mit wachsendem Reichtum auch eine eigene politische Gravitation entwickeln werden. Erst dann entsteht eine mögliche Gefahr für den Westen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 17.7.2001)