Brüssel/Wien - Die Europäische Kommission hat Ende Juni eine neue Bekanntmachung über Nebenabreden zu Unternehmenszusammenschlüssen beschlossen, und ersetzt damit die bisherige von 1990. Nebenabreden sind Beschränkungen des Wettbewerbs, die zwischen den Fusionspartnern zusätzlich getroffen werden, um den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmenszusammenschlusses zu sichern. Derartige Wettbewerbsbeschränkungen wie Wettbewerbsverbote, Bezugs- oder Lieferpflichten würden in anderem Kontext gegen die EU-Wettbewerbsregeln, namentlich Art. 81 EG-Vertrag verstoßen. Nach der Praxis der Kommission sind sie jedoch automatisch freigestellt, wenn sie mit der Durchführung eines Zusammenschlusses unmittelbar verbunden und für diesen notwendig sind. Die wichtigsten Neuerungen sind, dass die im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen bedeutenden Wettbewerbsverbote in Fällen, in denen es nur um den Schutz des Geschäftswerts geht, auf zwei Jahre und in den Fällen, in denen auch Know-how geschützt werden soll, auf drei Jahre begrenzt werden. Bezüglich Gemeinschaftsunternehmen können Wettbewerbsverbote der Gründungsunternehmen bis zu fünf Jahre, jedoch nicht über die Dauer des Gemeinschaftsunternehmens hinaus, vereinbart werden. Den Wettbewerbsverboten gleichgestellt sind Abwerbeverbote und Vertraulichkeitsklauseln, wenn sie denselben Zweck erfüllen sollen. Neben der Neuregelung von Wettbewerbsverboten können u.a. Lizenzvereinbarungen über Patente, Know-how, Warenzeichen sowie Vereinbarungen über die Aufteilung des Vermögens der Zielgesellschaft freigestellt sein. Lieferverpflichtungen Ebenfalls können Bezugs-und Lieferverpflichtungen zulässig sein, da die Übertragung eines Unternehmens oder Unternehmensteils oftmals zu einer Unterbrechung der traditionellen Bezugs-und Lieferbeziehungen führt. In der Übergangszeit kann es daher notwendig sein, diese mittels einer entsprechenden Vereinbarung aufrechtzuerhalten. Ebendas kann auch für Dienstleistungsvereinbarungen und Vertriebsvereinbarungen gelten. Zu beachten ist, dass Wettbewerbsbeschränkungen, die nicht als Nebenabreden angesehen werden können, nicht automatisch rechtswidrig sind. Diese müssten allerdings gesondert nach Art. 81 EGV geprüft werden. Bedeutsam ist auch, dass die Kommission in Zukunft nicht wie bisher in ihren Entscheidungen aussprechen wird, ob die Nebenabreden von der Genehmigung des Zusammenschlusses erfasst sind. Es wird vielmehr den Unternehmen selbst obliegen, dies zu beurteilen. Damit erhalten sie allerdings künftig nicht mehr die Rechtssicherheit bezüglich der Nebenabreden, die bisher durch die Zusammenschlussentscheidung begründet wurde. Insgesamt ist die neue Bekanntmachung aber ein weiterer Schritt in Richtung der geplanten Modernisierung des EU-Wettbewerbsrechts. Für die österreichische Zusammenschlusskontrolle hat sie große Bedeutung, da sich das Kartellgericht in diesem Bereich gerne an der Praxis der Kommission orientiert. (Dr. Raoul Hoffer ist Partner bei Binder Grösswang Rechtsanwälte in Wien) E-Mail: hoffer@bgnet.at