Perg - Das Wort "Sex" ist auf den grauen Beton gesprayt, daneben ein stilisierter Penis, schräg darunter hat jemand ein auf dem Kopf stehendes Kreuz gemalt. In dieser Nische im Fundament eines Fußgängersteges über die Naarn starb am Freitag die 13-jährige Schülerin Sandra H., nur einige Dutzend Meter von ihrem 16-jährigen Bekannten Dominic W. entfernt. Die genauen Umstände der Tragödie liegen weiter im Dunklen.

In der Mühlviertler Bezirks- hauptstadt Perg ist an diesem Dienstag unter den Jugendlichen noch immer die Erschütterung über den Tod der beiden Teenager spürbar. An jener Stelle der Uferböschung, wo der arbeitslose Lehrling in den Fluß gestürzt ist, brennen Kerzen. Auf der Treppe, die zur Naarn führt, ist aus Teelichtern der Spitzname des Toten aufgestellt. Zwei Blumensträuße liegen unter dem Baum, an dem Dominics Partenzettel hängt, daneben zwei leere Flaschen: Black-Jack-Cola und Inländer-Rum.

Bei der Exekutive wartet man nun auf die detaillierten Ergebnisse der Obduktion, ehe man nähere Angaben über Hergang und Ursachen machen will. Alois Lißl von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich erklärt die derzeit wahrscheinlichste Hypothese: "Möglicherweise erlitt die Schülerin einen Kollaps, worauf der 16-Jährige beschloss, sich das Leben zu nehmen, und sich in die Naarn stürzte." Ob Drogen, Alkohol oder Medikamente im Spiel waren, muss die Blutanalyse klären. Ein Verbrechen wird jedoch ausgeschlossen, da keine der Leichen Spuren von Gewaltanwendung zeigte.

Michael und Melanie, 16 und 14 Jahre alt und lose Bekannte der Opfer, stehen im Nieselregen bei der Unglücksstelle und wollen diese Theorie nicht glauben. "Ich bin mit ihm in die Schule gegangen, er hätte sich sicher nicht umgebracht. Sein Motto war zwar ,No risk, no fun', aber er wusste genau, wie viel Risiko geht", schildert Michael. Melanie hat die beiden am Donnerstagabend, als sie verschwanden, noch gesehen. "Sie hatten zwei Flaschen Wodka, und nicht mehr viel Geld gehabt." Gerüchte, wonach die Toten ein Liebespaar gewesen seien, verneinen beide.

Die Jugendlichen geben sich überzeugt, dass Dominic durch einen Unfall ums Leben kam und die Schülerin sich in Panik von irgendwo Medikamente besorgte, um sich selbst zu töten. Eine These, die Alois Lißl ausschließt. "Wir wissen, dass die Schülerin am Freitag zwischen Mitternacht und Mittag starb, was zeitlich mit dem Tod des Lehrlings übereinstimmt. Sie wurde auch später nicht mehr gesehen." Erst am Montagnachmittag wurde sie in der engen Betonnische sitzend entdeckt. (DerStandard,Print-Ausgabe,18.7.2001)