Medien
Frühere Herausgeberin der "Washington Post" gestorben
Katharine Graham gab grünes Licht für Aufdeckung des Watergate-Skandals
Der Tod der früheren Herausgeberin der US-Tageszeitung "Washington Post",
Katharine Graham, ist in den Vereinigten Staaten mit tiefem Bedauern aufgenommen
worden. US-Präsident George W. Bush nannte die Publizistin am Dienstagabend
"eine Legende zu Lebzeiten". Graham galt lange Zeit als die mächtigste Frau der USA,
nachdem ihre Zeitung den Watergate-Skandal aufgedeckt hatte, der 1974 zum Rücktritt
von Präsident Richard Nixon führte. Die 84-jährige Graham starb nach Angaben des
Verlags in einem Krankenhaus in Boise im US-Staat Idaho, in das sie nach einem
Sturz am Wochenende mit schweren Kopfverletzungen eingeliefert worden war. Bush: "Wir werden sie schmerzlich vermissen"
"Sie führte eine großartige Zeitung," sagte der frühere Außenminister Henry Kissinger.
Die frühere "Post"-Herausgeberin besaß bis in ihre letzten Lebensjahre großen
Einfluss in der US-Hauptstadt. In ihrem Haus im Nobelviertel Georgetown empfing sie
die meisten Präsidenten. "Wir werden sie schmerzlich vermissen", sagte Bush, der
kurz nach seinem Amtsantritt von ihr zum Abendessen eingeladen worden war. Zu
ihren zahlreichen Freunden zählten auch der frühere deutsche Bundeskanzler Willy
Brandt, Microsoft-Chef Bill Gates und die britische Prinzessin Diana.
Während Grahams 30-jähriger Tätigkeit als Herausgeberin wandelte sich die
"Washington Post" von einer kleinen Lokalzeitung zu einem der einflussreichsten
Blätter der USA. Heute erscheint sie mit einer Auflage von fünf Millionen Exemplaren.
Weltberühmt wurde die Zeitung 1971, als sie zusammen mit der "New York Times" die
"Pentagon-Papiere" veröffentlichte, geheime Dokumente über die Rolle der USA in
Vietnam. Ein Jahr später gab Graham den "Post"-Reportern Carl Bernstein und Bob
Woodward volle Rückendeckung: Sie enthüllten im "Watergate-Skandal" den
Spionage-Einbruch in das Wahlkampfzentrum der Demokratischen Partei im
Watergate-Hotel. Nixon versuchte die Veröffentlichungen zu verhindern, trat aber
schließlich zurück.
Pulitzer-Preis für Autobiographie
Graham stammte aus einer wohlhabenden New Yorker Familie. Ihr Vater Eugene
Meyer kaufte die "Washington Post" 1933. Mit 21 Jahren begann sie als Redakteurin
bei dem Blatt, zog sich aber nach ihrer Heirat mit dem Anwalt Philip Graham aus dem
Berufsleben zurück. 1948 übernahm ihr Mann die Leitung der "Post" von seinem
Schwiegervater. 1963 beging Philip Graham, der seit Jahren unter Depressionen litt,
Selbstmord. Katherine Graham trat seine Nachfolge an der Spitze des Unternehmens
an, das die "Washington Post" herausgibt. 1993 gab sie die Leitung an ihren Sohn
Donald ab. Vor drei Jahren wurde sie für ihre Autobiographie mit dem renommierten
Pulitzer-Preis ausgezeichnet. (APA)