Langsam nimmt der Überlebenskampf der Buchhandelskette Libro groteske Formen an. Zuerst wollen die Manager und Wirtschaftsjournalisten, die im Aufsichtsrat des als Internetcompany gefeierten Buchdiskonters gesessen sind, von der erdrückenden Schuldenlast nichts gewusst haben. Was schwer vorstellbar ist, denn lange vor Weihnachten war in der Branche bekannt, dass bei Libro nur mehr gegen Bares geliefert wird. Es darf also davon ausgegangen werden, dass die Herren Räte in der sprichwörtlichen Pendeluhr geschlafen haben, anstatt das Zahlenwerk zu prüfen. Als heuer im Frühjahr selbst die einfältigsten Gemüter bemerkten, dass Libro keine müde Mark mehr wert ist, nahmen Hauptaktionäre wie die Telekom Austria den Rotstift zur Hand, berichtigten ihre Bilanzen auf null und verschenkten ihre Anteile um drei Schilling. Den größten Schaden trug - neben den Privatanlegern - die Telekom, weil sie dem röchelnd auf dem Sterbebett liegenden Buchhändler eineinhalb Jahre zuvor für 25 Prozent 1,25 Milliarden Schilling in die Kassa gelegt hatte. Außer Spesen nichts gewesen. Denn Zweck des Einstiegs war eine Vertriebspartnerschaft zwischen Libro und Telekom. Bei der "lieben Libro" scherte sich um A1-Handys aber niemand, sie kugelten in den zum Teil heruntergekommenen Outlets herum. Nun aber, da dem Schrecken ein Ende gesetzt und das Milliardeninvestment abgeschrieben ist, kommt Heinz Sundt, Chef des Sanierungsfalls Telekom, auf die grandiose Idee für ein Nachspiel des Dramoletts: Man sollte doch mit dem auf das Kerngeschäft reduzierten Sanierungsfall Libro eine Vertriebspartnerschaft eingehen. Der Mann hat Mut, und die Idee hat Charme. Wahrscheinlich glaubt er, dass zwei Sanierungsfälle billiger als einer kommen. (DER STANDARD, Printausgabe 19.7.2001)