Jerusalem - Die Begnadigung einer wegen Mitwisserschaft an der Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin verurteilten Frau ist in Israel zum Teil auf heftige Kritik gestoßen. Gegen die Entscheidung von Staatspräsident Moshe Katzav kam Widerspruch aus mehreren Parteien, wie israelische Zeitungen berichteten. Ein Abgeordneter von Rabins Arbeiterpartei kündigte Einspruch beim Obersten Gerichtshof an. Rechtsgerichtete und streng religiöse Politiker begrüßten dagegen die Begnadigung. Nach der Entscheidung des Staatspräsidenten soll die aus einer Siedlung im Westjordanland stammende Margalit Har Sheffi im August nach Verbüßung von zwei Dritteln ihrer neunmonatigen Haft freigelassen werden. Präsident Katzav begründete dies mit den Lebensbedingungen im Gefängnis, die für die streng gläubige Frau sehr hart seien. Er sei überzeugt, dass sie "ihre Schuld gesühnt hat und von ganzem Herzen den Mord an Rabin verurteilt". Nach der Kritik sagte Katzav im Rundfunk, die Begnadigung spreche sie nicht von Schuld frei: "Sie ist und bleibt schuldig." "Nur ein Telefonanruf von ihr" Auch Angehörige Rabins zeigten sich mit der Entscheidung Katzavs nicht einverstanden. "Nur ein Telefonanruf von ihr und Rabin wäre noch am Leben", schrieb Rabins Enkelin Noah Ben-Arzi (Bild) in einem offenen Brief an den Präsidenten, den die Zeitung "Maariv" veröffentlichte. Aus diesem Grund habe Har Sheffi keine Begnadigung verdient. Ben-Arzis Mutter, Vize-Verteidigungsministerin Dalia Rabin Pelosof, sagte, die Begnadigung "schmerzt uns alle". Har Sheffi, eine Bekannte des religiösen Fanatikers Yigal Amir, wurde verurteilt, weil sie von dessen Mordplänen gewusst, die Tat aber nicht verhindert hatte. Amir hatte Rabin am 4. November 1995 nach einer Friedenskundgebung in Tel Aviv erschossen. (APA/dpa)