Berlin - Die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts zur so genannten Homosexuellen-Ehe hat die Heiratslust bei
Schwulen und Lesben angefacht. Bei den zuständigen Behörden meldeten bereits hunderte gleichgeschlechtliche Paare Interesse an der
Eintragung ihrer Partnerschaft an. Das ergab am Freitag eine dpa-Umfrage in den deutschen Bundesländern. Offiziell dürfen die
Quasi-Hochzeiten erst mit dem In- Kraft-Treten des Gesetzes am 1. August angemeldet werden. Tatsächlich aber merken viele Behörden
schon Termine vor.
Heiratsantrag via "Bild"-Zeitung
Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck kündigte in der "Bild"-Zeitung an, seinen französischen Freund heiraten zu wollen.
Einen genauen Termin nannte der 40-Jährige auf Nachfrage noch nicht. "Ich muss erst mal meinen Mann fragen", sagte der bekennende
Schwule, der maßgeblich an dem von der CDU/CSU bekämpften Gesetz zur Homosexuellen-Ehe mitgearbeitet hatte.
Andere prominente Schwule und Lesben zeigten sich weniger interessiert. Der Schlagersänger Patrick Lindner sagte der Zeitschrift
"Bildwoche": "Nein, wir werden nicht heiraten. Das Gesetz hat noch zu viele Mängel - zum Beispiel fehlen die Steuererleichterungen, die für
Hetero-Paare gelten." Die Fernseh-Ulknudel Hella von Sinnen sagte: "Wir haben lange dafür gekämpft. Aber jetzt lassen wir erst mal die
anderen an die Front." Auch "Tatort"-Kommissarin Ulrike Folkerts bekundete, kein persönliches Interesse zu haben.
Reservierungen in Hamburg
Beim Hamburger Standesamt dagegen reservierten sich 13 Paare gleich für den ersten möglichen Tag, den 1. August, einen Termin. Nach
Angaben des Senatsamts für Gleichstellung ist die Zahl der Anfragen noch höher: Viele Heiratswillige müssten aber erst die notwendigen
Papiere zusammentragen, um sich anmelden zu können. Außerdem haben sich beim Senatsamt zahlreiche Interessenten aus Bayern erkundigt,
weil der Freistaat das Gesetz über die Homosexuellen-Ehe nicht schon im August, sondern voraussichtlich erst im Laufe des Jahres umsetzen
wird.
Beim Standesamt in Dortmund hatten sich bereits vor der Karlsruher Entscheidung vom Mittwoch rund 50 Paare nach einer Möglichkeit
erkundigt, den Bund fürs Leben zu schließen. Seitdem gingen 80 Anrufe von Interessenten ein. "Es ist Wahnsinn, das Telefon steht nicht mehr
still", stöhnte bereits am Tag nach der Gerichtsentscheidung der Standesbeamte Walter Heinrich. Die Schätzung des nordrhein-westfälischen
Innenministeriums, dass es rund 100 interessierte Paare gebe, war schon nach wenigen Stunden überholt. Auch in Niedersachsen war der
Ansturm groß. Insgesamt stellten die Standesbeamten fest, dass mehr Schwule als Lesben nach der Möglichkeit zur Eintragung ihrer
Lebenspartnerschaft fragen.
Ostdeutschland wartet zu
In Ostdeutschland dagegen blieb ein Ansturm aus. Sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Brandenburg berichteten die Standesämter nur von
vereinzelten Anfragen Homosexueller. Als erstes der drei Klägerländer gegen die Schwulen- und Lesbenehe gab Thüringen unterdessen
grünes Licht für die Umsetzung des Gesetzes. In Sachsen blieb wie im dritten Klägerland Bayern die Nachfrage wegen der ungeklärten
Rechtslage praktisch aus. (APA/dpa)