Standard: Der Zeitungsverband warnt vor "höchster Gefahr" für eine Reihe von Zeitungen, weil die Post ihre Zustelltarife mangels weiterer Subvention massiv verteuert. Morak: Das eine ist Sache der Post, das andere die Presseförderung. Bei deren Reform widmen wir besondere Aufmerksamkeit Konzentration und Pressevielfalt. Für die Post ist das Infrastrukturministerium zuständig. Standard: Als Medienstaatssekretär kann Ihnen Existenzgefährdung von Zeitungen auch nicht ganz egal sein. Morak: Ich gehe davon aus, dass das in diesem Ministerium gelöst wird. Die bisher von der Post vorgelegten Daten zu diesem Thema waren nicht nachvollziehbar. Ich gehe davon aus, dass die Post ein günstigeres Model als zeitungseigene Vertriebe vorlegen muss. Später zustellen und das teurer ist unmöglich. Standard: Der Zeitungsverband sagt: Steigen die Posttarife wie angedroht, bringt die neue Presseförderung nichts und selbst das zu spät. Morak: Wir sollten der Debatte die Aufgeregtheit nehmen. Presseförderung neu ist auf jeden Fall notwendig, aber kein Substitut für Verhandlungen mit der Post. Standard: Wird es neben Vertriebsförderung und Journalistenausbildung auch Existenzsicherung geben? Nach dem Tod der SP-nahen "Neuen Zeit" brauchen die ohnehin vor allem bürgerliche Blätter. Morak: Wir wollen Zeichen setzen für Vielfalt und gegen Konzentration, indem etwa marktbeherrschende Unternehmen keine Vertriebsförderung bekommen. Ich glaube aber nicht daran, dass die Existenz von Zeitungen allein mit Presseförderung zu sichern ist. Standard: Die für die Post zuständige Ministerin zählt zur FPÖ. Wie beurteilen Sie allgemein die Haltung des Koalitionspartners zu Medienvielfalt und Meinungsfreiheit? Morak: Die Materien, in denen ich mit der FPÖ zu tun hatte, waren von konstruktiven und professionellen Auseinandersetzungen geprägt. Standard: Können Sie in eineinhalb Jahren ORF-Debatte eine FPÖ-Linie erkennen? Zuckerbrot & Peitsche? Zickzack? Morak: Ich versuche, ergebnisorientierter Politiker zu sein, mit dem Ergebnis bin ich zufrieden. Und stolz, das in der Zeit mit all diesen Diskutanten geschafft zu haben. Standard. Trotz Abstrichen auf Drängen der FPÖ? Morak: Wir haben im Rahmen des Möglichen in diesem Land ein neues ORF-Gesetz und ein Privatfernsehgesetz zustande gebracht. Mit der SPÖ hätten wir das auch weiterhin nicht geschafft. Standard: Trotz wilder Ausritte von Peter Westenthaler kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, Jörg Haider habe längst ein Faible für ORF-General Gerhard Weis. Hält die Koalition das aus? Morak: Kann sein, dass der eine oder andere Vorlieben hat. Für die Wahl des neuen Generalintendanten ist die Vorliebe eines Landeshauptmannes nicht entscheidend. Sondern das Wahlverhalten der Stiftungsräte. Standard: Der Kanzler selbst gibt den Stiftungsräten schon Tipps - gegen Weis. Morak: Das hat er so nicht gesagt. Stiftungsräte sind nicht angewiesen auf Empfehlungen eines Landeshauptmannes oder wem auch immer. Standard: Die Regierung wünscht sich einen qualitätvolleren ORF. Zugleich fällt der FPÖ Ex-RTL-Chef Helmut Thoma ein, der ÖVP Jan Mojto (Kirch-Gruppe). Wie passen so prononcierte Vertreter des Privat-TV zu mehr öffentlich-rechtlichem Angebot? Morak: Ich halte mich aus Personaldebatten heraus. Das ist Business des Stiftungsrates. Ideen können alle haben. Standard: Verträgt sich Privat-TV-Manager mit künftigem ORF-General? Morak: Es gab in der ORF-Debatte Wortmeldungen von Vertretern kommerzieller Sender, die die Aufgaben des ORF richtig einschätzen. Standard: Sie meinen n-tv-Chef Helmut Brandstätter? Morak: Ich erinnere an seine Wortmeldung bei unserer ORF-Enquete. Wobei das kein Vorschlag ist, ich möchte Herrn Brandstätter nicht schaden. Im Übrigen sind Wortmeldungen erwünscht, nur sind sie nicht bindend für irgendein ORF-Gremium. Standard: Die ORF-Reform versuchte die Regierung mit dem Versprechen größerer Unabhängigkeit zu verkaufen. Wäre es nicht glaubwürdiger (auch wenn man selbst mitspielen durfte), zu sagen: "So lange hat die SP den ORF dominiert. Jetzt sind wir dran." Morak: Mit der Unvereinbarkeit von Funktionen in Politik und Stiftungsrat und der Haftung der Stiftungsräte haben wir Spielbedingungen wie in jeder AG. Kadermentalität im Stiftungsrat kann ich mir nicht vorstellen. Standard: Die gibt es schon jetzt bei den Regierungskuratoren, obwohl für die ja schon längst diese Unvereinbarkeitsklausel gilt. Morak: Das mag stimmen. Fehlbar sind wir alle, im Gesetz steht das nicht. Standard: Hilft Ihnen bei der Darstellung hehrer Ziele der ORF-Reform Ihre Schauspielausbildung oder glauben Sie tatsächlich daran? Morak : Ich bin überzeugt davon. Standard: Wirklich überraschend an der ORF-Reform ist, dass man dem Küniglberg drei regionale TV-Frequenzen nimmt und Privaten überlässt. Im Radio fehlt dieser Mut offenbar. Warum braucht beispielsweise Radio Burgenland eine Frequenz in Wien oder Radio Niederösterreich eine in Linz? Morak: Der Experte der KommAustria meinte, jetzt beginne die "Vivisektion". Wenn diese Sichtung abgeschlossen ist, wird man sehen, was übrig bleibt. Standard: Das heißt, man überdenkt die Wiener Frequenz für Radio Burgenland? Morak: Die Medienbehörde wird das unabhängig von der Politik nach Situationsanalyse und endgültigem Frequenzgutachten entscheiden. Standard: Dass ein ORF-Regionalradio vom Kahlenberg sendet, ist schon jetzt zweifelsfrei festzustellen. Aber zurück zum Fernsehen: Klingt das jüngste Szenario - der bürgerliche Leo Kirch mit Raiffeisen und (nach deren Wunsch) Styria Medien AG als Betreiber des österreichweiten Privatfernsehens, ATV mit der Wiener Frequenz - für Sie nicht politisch sympathisch?

Morak: Das wird alleine in der Medienbehörde bewertet und entschieden.

(DER STANDARD; Print-Ausgabe, 21./22. Juli 2001).