Der Sanierungskurs des niederländischen Philips-Konzerns dürfte nun doch gravierende Auswirkungen auf die Österreich-Aktivitäten des Elektronikriesen haben. Wie DER STANDARD aus Belegschaftskreisen erfuhr, wackeln in Österreich mindestens 300 Jobs. Dem Vernehmen nach wird bereits emsig an einem Sozialplan getüftelt, um wenigstens für einen Teil der betroffenen Mitarbeiter eine Höherqualifizierung und erfolgreiche Jobsuche sicherzustellen. Eine Anmeldung im Frühwarnsystem des Arbeitsmarktservice AMS ist allerdings noch nicht erfolgt. Besonders betroffen seien diverse Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, aber auch Teile der Produktion. Konkret im Visier haben die Sanierer offenbar die Entwicklung von Videolaufwerken im Philips Technology Center im zehnten Bezirk in Wien. Ihr soll es demnächst an den Kragen gehen. Die offiziellen Angaben seitens der Unternehmensleitung dazu sind allerdings spärlich: "Seit Jahresbeginn läuft ein Personalanpassungsprozess, der sämtliche Analogtechnologien betrifft", sagt Beate McGinn, Sprecherin von Philips Österreich. Derzeit befinde sich aber der gesamte Konzern in Umstrukturierung, genaue Angaben seien daher frühestens Ende August möglich. Man prüfe, welche Sparten auf Digitaltechnik umgestellt werden und erhalten bleiben. Dazu seien auch Umschulungen für Mitarbeiter erforderlich. Keine Faxen mehr Als schlechtes Zeichen für den Standort Österreich werten Arbeitsmarktexperten, dass von der Restrukturierung ausgerechnet Forschung und Entwicklung (F&E) betroffen seien. Im Raum stehe auch die Auflassung der Videoproduktion Ende nächsten Jahres. Diese könnte allerdings durch das Nachfolgemedium DVD (Digital Versatile Disc) ersetzt werden. Dem Vernehmen nach tobt im High Tech Campus Vienna bereits ein heftiger Machtkampf zwischen dem Videowerk und der Gutheil-Schoder-Gasse, in der - derzeit noch - Fax- und Diktiergeräte hergestellt werden. Die Verlagerung der Endfertigung von Faxgeräten von Wien nach Ungarn ist aber, wie berichtet, bereits beschlossene Sache. Einzelne Komponenten sollen zwar weiterhin von Philips Österreich und dem Schwesterwerk in Budapest hergestellt werden, die Endmontage wird künftig aber von einem ungarischen Unternehmen vorgenommen. Das kostet bis zu hundert Jobs in Wien, von denen knapp die Hälfte in anderen Abteilungen untergebracht werden sollen. Für 30 bis 40 Mitarbeiter sei aber Endstation, ihre Namen stünden bereits auf einer Kündigungsliste, heißt es. Die jüngst veröffentlichte Halbjahreskonzernbilanz gibt wenig Hoffnung auf Entspannung: Zwischen Jänner und Juni 2001 belief sich der Verlust auf 664 Mio. Euro verglichen mit einem Gewinn von 4,77 Mrd. Euro im Vorjahr. Nun fürchtet der Elektronikriese - zum ersten Mal seit neun Jahren - auch für das Gesamtjahr 2001 rote Zahlen. Bis Jahresende will der Konzern weltweit insgesamt mehr als 10.000 Beschäftigte abbauen. (ung - Der Standard Printausgabe)