Grafik: Der STANDARD
Wenn die Minister aus Bonn vom Weltklimagipfel abreisen, beginnt für Renate Christ die Detailarbeit. Von Experten wie Christ muss die nächste Konferenz in Marrakesch im Oktober vorbereitet werden. Die Oberösterreicherin ist stellvertretende Leiterin des Sekretariats der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), dem offiziellen Beirat der UNO in Klimafragen. Das hochrangige internationale Expertengremium gehört zur UN-Umweltbehörde Unep und der World Meteorology Organisation. Die Wissenschafter erarbeiten die Berechnungsgrundlagen und den Forschungsstand für die Klimavereinbarungen. Christ ist für ihre Aufgaben auf internationalem Parkett seit 1992 vom Umweltministerium karenziert. Wenn sie Umweltminister Wilhelm Molterer trifft, "dann fällt es uns schwer, Hochdeutsch zu reden". Der ÖVP-Politiker verweist mit gewissem Stolz darauf, dass Christ aus seinem oberösterreichischen Heimatort Sierning kommt. Christ ist dort geboren und in Schwanenstadt aufgewachsen. Dass sie "zur Madame Klima in Österreich" geworden ist, verdanke sie einem Zufall, erzählt die 48-Jährige. Während ihres Biologiestudiums in Salzburg habe sie sich mit saurem Regen und Waldsterben befasst. Bei einer der ersten Klimakonferenzen weltweit 1987 in Villach sei sie vom Umweltministerium, bei dem sie seit 1984 arbeitete, als Saurer-Regen-Expertin "hineingestoßen worden". Bei den Vorbereitungen zum Erdgipfel in Rio 1992 habe sie sich schon auf die Klimafragen konzentriert. Anschließend folgte die Übersiedlung nach Nairobi zur Unep. Während der Kioto-Verhandlungen war sie nationale Sachverständige bei der EU-Kommission, dann ging sie wieder zurück zur Unep und zum IPCC nach Genf. Trotz der vielen Übersiedlungen hat die kinderlose, unverheiratete Oberösterreicherin es geschafft, den Kontakt zur Heimat zu halten. Ihre Erfahrung: "Verbindungen, die über drei Jahre gehalten haben, bleiben." Sie ist auch unter einer österreichischen Handynummer zu erreichen. Gelegentlich denke sie auch daran, ob es nicht Zeit wäre, nach Hause zu gehen. "Andererseits macht mir die Arbeit in einer internationalen Gemeinschaft Spaß." In ihre Sprache mischen sich immer englische Begriffe. "Gerade bei Fachausdrücken fällt mir das schwer, diese ins Deutsche zu übersetzen." An ihrer jetzigen Position schätzt sie die Verbindung von Wissenschaft und Politik. Der derzeitige Standort Genf ist für Christ ideal, weil sie ihre Hobbys Segeln, Bergwandern und Skifahren verbinden kann. Das war in Nairobi schon schwieriger. Dort hat sie aber die herzliche Aufnahme beeindruckt. Was die Vielfliegerin im Ausland vermisst, sind Kaffeehäuser, "wo man sich gemütlich zusammensetzen kann". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. 7. 2001)