Um eine Ratifizierung des Kyoto-Abkommens zu erreichen und den Widerstand Kanadas und Japans zu brechen, hat sich die EU breitschlagen lassen und einer weiteren Verwässerung der Klimaziele zugestimmt. "Die EU ist bereit, weit reichende Zugeständnisse zu machen. Sie sind der Preis, den wir bereit sind, zu zahlen, damit diesem Kompromiss auch andere zustimmen können", so der deutsche Umweltminister Jürgen Trittin. Damit sei aber "das Ende der Fahnenstange" erreicht.
Für seinen österreichischen Amtskollegen Wilhelm Molterer ist der Kompromiss zwar nicht optimal, aber akzeptabel, weil damit der 1997 angestoßene Klimaschutzprozess weiter am Leben erhalten werde. Beim umstrittensten Thema, den Senken (siehe Wissen) musste die EU Japan und Kanada massiv entgegenkommen. Geht der Kompromissvorschlag durch, können Wälder nun ohne fixe Obergrenze auf ihren Klimakonten gutgeschrieben werden.
Laut Berechnung des World Wildlife Fund (WWF) muss Österreich mit dem neuen Senkenregime anstelle des ursprünglichen Reduktionsziels (minus 13 Prozent bis 2012) nur noch knapp neun Prozent schaffen. Japan müsste nur ein Sechstel der ursprünglichen Ziele erreichen. Kanada, einer der Hardliner, darf laut WWF bis 2012 dank der Anrechnung seiner Wälder gar um fünf Prozent mehr emittieren. Ursprünglich hätte Kanada um sechs Prozent weniger ausstoßen dürfen.
Bei den flexiblen Mechanismen wird es keine Obergrenze geben, laut der Einigung muss ein "signifikanter" Anteil über nationale Maßnahmen erfolgen. Kern der flexiblen Instrumente sind der Handel mit Emissionszertifikaten und konkrete Klimaschutzprojekte, die die Industrieländer finanzieren und auch auf ihren nationalen Konten gutschreiben lassen können. Für die EU heißt signifikant mindestens 50 Prozent daheim, Länder wie Kanada wollen weniger.
Milde Sanktionen
Auch bei der Frage der Sanktionen für Staaten, die die im Protokoll vereinbarten Reduktionsziele nicht schaffen, gibt es eine starke Aufweichung. Bei Strafzahlungen müssen sowohl die Mehrheit der Industrie- als auch der Entwicklungsländer zustimmen. Laut Insidern soll der Strafaufschlag rund ein Drittel betragen. Im Konferenzpapier sind aber keine konkreten Zahlen enthalten.
Vierter Streitpunkt ist ein von den Industrieländern finanzierter Fonds für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern. Mit dem Ausscheren der USA aus dem Kioto-Prozess ist deutlich weniger Geld vorhanden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. 7. 2001)