Wien - Das Ergebnis der Einigung auf der UNO-Weltklimakonferenz in Bonn ist nach Ansicht der Grünen "enttäuschend". "Es stellt einen Rückschritt hinter die Kompromißvariante von Den Haag dar, die für die EU damals nicht akzeptabel war. Trotz der Erleichterung darüber, dass es überhaupt noch zu einem Kompromiss gekommen ist, überwiegt die Enttäuschung", erklärte die Umweltsprecherin der Grünen, Eva Glawischnig. Gerade im Bereich der Senken seien von der EU so massive Zugeständnisse an Japan, Russland und Kanada gemacht worden, dass vom ursprüngliche Kyoto-Ziel von 5,2 Prozent Emissionsreduktionen nur 1,8 Prozent übrig geblieben sei, kritisiert Glawischnig. "Das ist ein sehr hoher Preis dafür, dass trotz des Ausstieges der USA doch noch ein Abkommen erreicht werden konnte". Das Positive daran sei, dass nun nach jahrelangen Verhandlungen endlich das Kyoto-Protokoll in Kraft treten könne. Als Sieg der Anti-Atom-Bewegung bezeichnete die Grün-Abgeordnete, dass Atomkraftwerke nicht als Klimaschutzmassnahmen anerkannt werden dürfen. "Das Kyoto-Protokoll kann aber nur ein erster Schritt einer radikalen Trendumkehr in der weltweiten Wirtschafts- und Energiepolitik sein." Um den globalen Klimawandel zu stoppen und die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre zu reduzieren, wären Emissionsreduktionen von 60 bis 70 Prozent erforderlich, betonte Glawischnig. Sima "vorsichtig optimistisch" "Vorsichtig optimistisch" äußerte sich SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima über die Einigung: "Es ist begrüßenswert, dass man sich trotz der unglücklichen Ausgangslage letztlich doch noch einigen konnte, wenngleich jeglicher Abstrich vom Kyoto-Protokoll schmerzt und die Zugeständnisse an Japan, Russland und Kanada enorm sind", betonte Sima am Montag in einer Aussendung. Es sei bedauerlich, dass sich diese Staaten etliche Schlupflöcher ausverhandelt hätten, doch man dürfe nicht vergessen, dass mit einer Einigung nun endlich der Ratifizierungsprozess in Gang kommen wird. Sima: "Nach jahrelangen Verhandlungen und zahlreichen Konferenzen wird das Kyoto-Protokoll nun endlich in Kraft treten, was angesichts des weltweit bereits eingetretenen Klimawandels mehr als überfällig sei." "Besonders erfreulich ist, dass der Atomlobby in Bonn eine klare Absage erteilt wurde, die ihre Atomkraftwerke immer wieder als Klimaschutzmaßnahme anrechnen will. Mit dieser Strategie ist sie gescheitert", sagte Sima. Die internationale Einigung sei jetzt ein klarer Arbeitsauftrag für Österreich. Die SPÖ-Umweltsprecherin fordert Umweltminister Wilhelm Molterer (V) auf, "umgehend die überfälligen Klimaschutzmaßnahmen in Österreich umzusetzen, um das Kyoto-Ziel, eine Reduktion der Treibhausgase um 13 Prozent, gemessen an 1990, zu erreichen". Molterer freut sich Als "Erfolg angesichts der schwierigen Ausgangslage" hat Umweltminister Wilhelm Molterer (V) die Vereinbarung bezeichnet. "Das Kyoto-Abkommen ist ratifizierbar", betonte er. Der Umweltminister erwartet nun, dass die Umsetzung des Kyoto-Abkommens auf Basis der Bonner Beschlüsse "rasch vorangetrieben wird". Molterer räumte jedoch ein, dass die EU insbesondere gegenüber Japan weitgehende Zugeständnisse gemacht habe. Molterer sprach von einer "erfolgreichen Notoperation des Klima-Protokolls und des Klimaschutzes" in Bonn. Konkret sei Einigung bei der Anrechnung der Kohlendioxid-Senken, bei den Spielregeln für "flexible Mechanismen" zur Reduktion der Treibhausgase und beim Kontrollregime erzielt worden. Hinsichtlich der Kontrollen hätte sich die EU "ein präziseres Einhaltungsregime" gewünscht, sagte Molterer, die Union habe aber letztlich einem Kompromiss mit Japan zugestimmt. Für Entwicklungsländer sei vereinbart worden, dass diese Unterstützung zur Erreichung der Kyoto-Ziele erhielten. Für Österreich besonders wichtig sei die Tatsache, dass die Atomenergie von den so genannten "flexiblen Mechanismen" zur Erreichung der Kyoto-Ziele laut der Vereinbarung in Bonn ausgenommen sei, betonte Molterer. Der Umweltminister reist von der Bonner Konferenz direkt nach Brüssel, wo er mit EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen über das umstrittene südböhmische Atomkraftwerk Temelin sprechen wird. Wirtschaftskammer für internationale Akkordierung Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt in einer ersten Stellungnahme den erreichten Kompromiss. Es sei wichtig, dass nun die Mehrzahl der Industriestaaten die Ziele des Klimaschutzes unterstützen und Europa durch die Hereinnahme Japans, Kanadas und Russlands in diesem Bemühen nicht alleine bleibt, kommentiert der Leiter der Abteilung für Umweltpolitik, Doz. Stephan Schwarzer. Wesentlich für die österreichische Wirtschaft ist die größtmögliche internationale Akkordierung der Klimapolitik. Durch diesen Gleichklang kann für den Schutz des Weltklimas am meisten getan werden. "Deshalb begrüßen wir den Kompromiss - auch wenn er hinter den Erwartungen zurückbleibt, ist er dennoch besser als jedes Scheitern." Klimabündnis fordert rasche Kyoto-Ratifizierung Klimabündnis-Bundeskoordinator Wolfgang Mehl mahnt: "Das Kyoto-Protokoll mit seinen in Bonn beschlossenen Spielregeln reicht höchstens aus, um die Treibhausgasemissionen der Industriestaaten zu stabilisieren, global wird der Ausstoss weiter zunehmen. Für ernsthaften Klimaschutz ist das um Lichtjahre zu wenig." Mehl fordert daher eine rasche Umsetzung einer nationalen Klimastrategie, die das Erreichen der österreichischen Kyoto-Vorgaben (minus 13 Prozent bis 2010) weitgehend ohne Mechanismen und Senkenanrechnung ermöglicht. Er weist darauf hin, dass für eine globale nachhaltige Entwicklung die Industrieländer ihren Ausstoss von Treibhausgasen in den nächsten 50 Jahren auf 20 Prozent der derzeitigen Emissionen reduzieren müssten. (APA/red)