München/Wien - Das Konjunkturklima in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juni weiter verschlechtert. In den alten Bundesländern ging der Geschäftsklimaindex des Münchener Ifo-Instituts von 90,8 auf 89,5 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit August 1996 zurück. Der Rückgang fiel deutlicher aus als von den Analysten erwartet. In Ostdeutschland sank das Stimmungsbarometer von 104,7 auf 102,1 Punkte. Die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage im westdeutschen verarbeitenden Gewerbe, Baugewerbe sowie Groß- und Einzelhandel verschlechterte sich ebenfalls. Der Index sank hier von 86,8 auf 85,5 Punkte. Auch in den neuen Ländern schätzten die Unternehmen ihre Situation wieder schlechter ein. Der Geschäftslageindex sank von 125,4 auf 121,2 Punkte (1991: 100 Punkte). Keine Signale für Trendwende Auch bei den Geschäftserwartungen gab es in West wie Ost keine Signale für eine Trendwende. In den alten Bundesländern ermittelte das Ifo-Institut bei der Befragung der Unternehmen einen Indexrückgang von 94,9 auf 93,6 Punkte. In Ostdeutschland gab der Indikator von 85,3 auf 84,1 Punkte nach. Das Ifo-Institut sieht derzeit auch noch keine Zeichen für eine Umkehr des derzeitigen Abwärtstrends. Allerdings erwarte er für Deutschland auch keine Rezession, sagte Gernot Nerb, Chef der makroökonomischen Abteilung, in München. Die wirtschaftliche Entwicklung spiele sich derzeit aber auf einem niedrigen Niveau ab - sogar niedriger als während der Asienkrise Ende der 90er-Jahre. Die Frage, ob das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung seine Konjunkturprognose von 1,2 Prozent Wachstum in Deutschland senken werde, beantwortete Nerb nicht. "Keine Überraschung" Für den Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS), Bernhard Felderer, bedeutet die konjunkturelle Klimaverschlechterung in Deutschland keine Überraschung. Bereits in seiner Sommerkonjunkturprognose sei das IHS davon ausgegangen, dass die negative Entwicklung beim wichtigsten Handelspartner Österreichs in der zweiten Jahreshälfte bis zum Nullwachstum gehen könnte. Deshalb habe das IHS auch die Wachstumsprognose für Österreich von 2,2 Prozent auf 1,7 Prozent zurückgenommen. "In Deutschland sehen wir den unteren Wendepunkt vorläufig noch nicht", meinte Felderer, wies aber doch darauf hin, dass sich zumindest in der Bauwirtschaft die Auftragslage zuletzt verbessert habe. Auch die Exporte liefen durch den schwachen Euro nicht so schlecht. Nur der private Konsum lasse, ähnlich wie in Japan, nach wie vor aus. Wifo-Experte Josef Baumgartner sieht in den Ifo-Daten eine weitere Bestätigung für den negativen Konjunkturtrend in Deutschland. Auswirkungen auf Österreich kann er vorerst nicht erkennen, da die nächste Prognose-revision erst im September erfolge. (dpa, gb, DER STANDARD, Printausgabe 24.7.2001)