Theater im "Wiederaufbau". Zur Kulturpolitik im österreichischen Parteien-und Verbändestaat
Theaterpolitik zu Zeiten der "Volksbildung" von Evelyn Deutsch-Schreiner
DER STANDARD
Mittwoch, 18. Juli 2001, Seite 31 Kommentar
DAS AKTUELLE BUCH
Dieses Buch liest sich wie ein gut sortierter Packen Rohmaterial zu einem ersten großen österreichischen Theaterkrimi. Die Neuaufteilung des Theaterbrachlandes nach 1945 zeichnet die Grazer Professorin für Theater- und Literaturgeschichte als propagandistischen Feldzug der Parteien, d. h. deren Korporationen, genau nach.
Die verdienstvolle Spurenlese im bisher noch nicht umfassend recherchierten Politikfeld "Theater" - vom Laienspiel bis zum Hochkulturtheater - belegt, dass im Theaterland Österreich unmittelbar nach Kriegsende und bis kurz vor der Ära Kreisky die Parteien, Verbände und Vereine die Darstellende der Künste als erstrangiges erzieherisches Instrument (für die jeweils parteipolitische Klientel) erachteten.
Archivmaterial und Interviews zeugen von den jeweils gebündelten politischen Einflusssphären (sozialdemokratische, katholische und österreichisch-bürgerliche sowie jene der amerikanischen und russischen Besatzungsmächte) und deren zum Teil bis heute existierenden "Blüten" (Volkstheater in den Bezirken, Theater Tribüne im Café Landtmann u. a.). Aufgrund der zum Teil skartierten Aktenbestände ergibt sich eine (auch eingestandene) unausgewogene Theatertopographie: In konkreten Beispielen beschränkt sich Deutsch-Schreiner fast ausschließlich auf Wien und Salzburg.
Im nicht vorhandenen Glanz diverser Theaterfotografien - z. B. der "Renouveau Catholique", des Neuen Theaters in der Scala der "theaterbesessenen" Russen oder des Kosmos-Theaters der Amerikaner - spiegelt sich die Ästhetik der neuen künstlerischen Unfreiheit. Jetzt fehlte nur noch eine zünftige Dramaturgie. Und fertig ist der Krimi. (
Margarete Affenzeller
)
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.