Lefkosa/Istanbul - Seit 27 Jahren ist Zypern geteilt - und nichts deutet auf eine baldige Lösung des Konflikts hin. Die Zeichen stehen schlecht, dass griechische und türkische Zyprioten bald an den Verhandlungstisch zurückkehren, und so wird die international anerkannte Republik Zypern voraussichtlich ohne den von der Türkei kontrollierten Norden der Mittelmeerinsel Mitglied der Europäischen Union werden. Zypern ist einer der Beitrittskandidaten der so genannten "ersten Klasse", die bei der nächsten Erweiterung in die EU aufgenommen werden sollen. Der Führer der türkisch-zypriotischen Volksgruppe, Rauf Denktas, fordert von der internationalen Gemeinschaft "Gleichbehandlung"; doch in seiner so genannten "Türkischen Republik Nordzypern" hat Ankara seit der Invasion vom Juli 1974 etwa 40.000 Soldaten stationiert und bis zu 100.000 Festland-Türken angesiedelt. Bei Demonstrationen im Rahmen einer Kampagne mit der Bezeichnung "Dies ist unser Land" wurde in den vergangenen Tagen in Lefkosa, dem türkischen Teil Nikosias, auch Denktas heftig kritisiert. Einwanderungswelle aus Nord-Zypern erwartet Die EU-Beitrittsperspektive hat mittlerweile auch im Norden Hoffnungen geweckt, besonders unter den "echten" Inseltürken. Sie lassen alte Pässe, Ausweise, Telefon- oder Wasserrechnungen dem Innenministerium in Nikosia zukommen und bekommen ein paar Tage später neue Pässe der Republik Zypern. Ähnliche Anträge werden in der Hoffnung, später in einem EU-Land arbeiten zu können, auch in den diplomatischen Vertretungen Zyperns in London und Washington gestellt. Die griechisch-zypriotischen Behörden arbeiten bereits Pläne aus, wie sie mit einer möglichen Einwanderungswelle aus dem Norden umgehen sollen. "Denktas fürchtet, dass er am Ende alleine mit den Siedlern und den Besatzungstruppen im Norden bleiben wird", sagt ein zypriotischer Diplomat. Tatsächlich kehren viele junge Inseltürken dem Separatstaat den Rücken. "Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen verlassen gut ausgebildete junge Leute die Insel", sagt Güngör Günkan von der Kommunalen Befreiungspartei (TKP). Im Falle einer EU-Mitgliedschaft Zyperns werde die Abwanderungstendenz weiter zunehmen. "Was soll man da noch. Es gibt keine Arbeit und keine Zukunft", meint eine junge Frau, die in den USA studiert und inzwischen in Hongkong lebt. "Jeder, der es zu etwas bringen will, verlässt Nordzypern." Der politisch und wirtschaftlich isolierte Nordteil der Insel könnte ohne die finanzielle Unterstützung Ankaras nicht überleben. Politische und wirtschaftliche Krisen, wie die derzeitige Finanzkrise, erschüttern Nordzypern ebenso wie die Türkei selbst. Dass die Denktas-Republik praktisch eine Provinz der Türkei ist, zeigt auch eine neue Regelung in der Türkei. Angesichts der Wirtschaftskrise müssen Türken vom 1. August an bei einer Auslandsreise 50 Dollar Ausreisesteuern bezahlen - diese Regelung gilt natürlich nicht für eine Reise nach Nordzypern - die Insel gilt praktisch als Inland. UNO wollen Zypern-Gespräche wieder in Gang bringen UNO-Generalsekretär Kofi Annan will die Zypern-Gespräche zwischen Griechen und Türken auf der geteilten Mittelmeerinsel wieder ankurbeln. Annans Sonderbeauftragter für die Zypern-Frage, Alvaro de Soto, versuche, beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückzubringen. Es sei allerdings noch kein Datum festgelegt worden, hieß es am Dienstag am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York. Den Informationen zufolge hatte de Soto in den vergangenen Tagen sowohl mit dem Führer der türkischen Zyprioten, Rauf Denktas, als auch mit Glafkos Klerides, Präsident der überwiegend von Griechen bewohnten Republik Zypern, gesprochen. De Soto hatte auch in der Vergangenheit schon bei indirekten Gesprächen zwischen beiden Seiten vermittelt. Einen Durchbruch hatte er dabei aber nicht erzielt. Die ehemalige britische Kolonie hatte 1959 ihre Unabhängigkeit erlangt. Nach einem Putschversuch griechisch-zypriotischen Offiziere besetzten türkische Truppen 1974 den Norden der Insel. Denktasch rief 1983 die Türkische Republik von Nordzypern aus, die nur von der Türkei anerkannt wird. UNO-Truppen überwachen den Waffenstillstand an der Grenze zwischen Nord- und Südzypern. (APA/dpa)