Wien - Wenige Tage nach dem überraschenden - wenngleich noch nicht rechtskräftigen - Urteil zum Konkurs der Grazer Bank für Handel und Industrie, BHI ("Der Staat haftet für Versagen der Bankprüfer") ist nun ein weiterer Richterspruch zu einer Prüfer-Haftung ergangen, der nach Ansicht der Klagsführer in Hinkunft den Anspruch auf Schadenersatz für Privatanleger verbessern könnte. Für fahrlässige Bilanzprüfer könnte das teuer werden. Im Urteil zweiter Instanz hat das Oberlandesgericht Wien (OLG, AZ: 15R185/00m) in der Causa Riegerbank erkannt, dass der Wirtschaftsprüfer nicht nur gegenüber seinem Auftraggeber (Bank), sondern auch gegen Dritte haften soll - und zwar nicht nur bis zu 5 Mill. S (363.364 Euro) , sondern unbegrenzt."Richtungsweisendes Urteil Das OLG-Urteil wurde vor einer Woche zugestellt. Manfred Neubauer vom Finanzdienstleistungs-Referat der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) sprach am Dienstag von einem "richtungsweisenden" Urteil. Bisher hatten Wirtschaftsprüfer Privatanlegern gegenüber kaum Verpflichtungen. Die Arbeiterkammer hatte für einen im Bankkonkurs geschädigten privaten Anleger (Anleihezeichner) Klage eingebracht. In einem Musterverfahren sollte nun die Haftung des Wirtschaftsprüfers auch gegenüber Dritten durchgesetzt werden. Prozess-Anlass war der Zusammenbruch der Riegerbank im Jahr 1998: Damals hatten Privatanleger Riegerbank-Anleihen im Wert von rund 175 Mill. S (12,7 Mill. Euro) gezeichnet. Im Prospekt war mit den Riegerbank-Bilanzen "geworben" worden, an den Testaten dafür setzten die Konsumentenschützer an. Als die Riegerbank im Oktober 1998 mit Schulden von mehr als 1 Mrd. S in Konkurs schlitterte, war für diese Anleihezeichner das Geld verloren. Etliche Geschädigte wandten sich an die Arbeiterkammer, die den Musterprozess begann. Aus Sachverhaltsdarstellungen ist laut AK-Kosumentenschützer Neubauer ersichtlich, dass die im Prospekt abgedruckten positiven Bilanzen sowie die Testate des Wirtschaftsprüfers die "wesentliche Grundlage für die Kaufentscheidung" gewesen seien. Wie heute fest stehe, gab es die in den Bilanzen dargestellten Guthaben gar nicht, sie gründeten sich auf gefälschte Saldenbestätigungen. Die Bilanz hätte eine Überschuldung des Unternehmens aufweisen müssen. Die AK brachte zunächst beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien Klage gegen den damaligen Rieger-Wirtschaftsprüfer Walter Türke ein. Laut AK-Neubauer hatte der Prüfer die Saldenbestätigungen nicht ordnungsgemäß geprüft, sich auf Kopien verlassen. Der Prüfer hafte auf Grund dieser laut AK gegebenen Fahrlässigkeit auch Dritten gegenüber. Während das Erstgericht die Dritthaftung in seinem Spruch von August 2000 noch nicht erkannte, wurde die Rechtsmeinung der Klageführer jetzt in dem "richtungsweisenden Urteil" vom OLG Wien in nächster Instanz bestätigt, berichtet die Arbeiterkammer am Dienstag. Noch keine Rechtssprechung Zur Frage der Dritthaftung des Abschlussprüfers existiert bisher noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH). Zum bisherigen Haftungslimit für Wirtschaftsprüfer hält der Senat im OLG Wien fest, dass der festgesetzte Höchstbetrag von 5 Mill. S "in einem eklatanten Missverhältnis zwischen dem möglichen Schaden und der typischen Schadenshöhe" steht. In der AK wird erwartet, dass die betroffene Wirtschaftsprüferkanzlei in Berufung geht. "Wir hoffen, dass diese völlig neue Entscheidung des OLG vom OGH bestätigt wird, da sie eine grundlegende Verbesserung des Anlegerschutzes bedeutet", sagte Neubauer. (APA)