Bregenz/Innsbruck – Zu explodierenden Kühen hat man in Vorarlberg ein besonderes Verhältnis. Der Performance-Künstler Wolfgang Flatz, ein gebürtiger Vorarlberger, erregte vergangene Woche in Berlin die Gemüter, als er eine tote Kuh aus einem Hubschrauber in eine Baugrube fallen ließ, die beim Aufprall explodierte.

Als der freiheitliche Landtagsvizepräsident Fritz Amann im Frühjahr bei einer Wanderung auf Teile eines Kuhkadavers stieß, war es in Vorarlberg um den Alpfrieden geschehen. Die tote Kuh sei gesprengt worden, ging das Gerücht durch das Land – DER STANDARD berichtete.

Kuhsprengungen waren bis zum Frühjahr 2001 im gebirgigen Vorarlberg tatsächlich erlaubt. Und zwar in klar definierten Ausnahmefällen. Wenn die Bergung des vierbeinigen Alpinopfers aus unwegsamen Gelände nicht möglich war, durfte der Bauer einen Sprengbefugten rufen. Grundvoraussetzung dafür: Das Tier durfte nicht an einer Krankheit gestorben sein. Durch die Sprengung sollte das tote Tier in Teile von maximal einem Kilogramm Gewicht zerteilt werden. Innerhalb von zwei bis drei Tagen hatten dann alpine Raubtiere und Mikroorganismen die Kadaverteile aufgefressen.

Nach der allgemeinen Aufregung darf nun aber nicht mehr gesprengt werden. Als Ersatz bezahlt das Land den Bauern den Großteil der Kosten für die Hubschrauberbergung. Ist die nicht möglich, wird das Tier liegen gelassen.

Tierarzt Bernhard Zainer von der Veterinärabteilung kann die Kritik an der Sprengung nicht teilen: "In anderen Bundesländern fliegt man sogar Schlachtabfälle ins Gebirge, um frisch ausgesetzte Bartgeier im Gebiet zu halten."

In Tirol ist das Sprengen von Tierkadavern im alpinen Gelände eine bekannte, aber zumindest offiziell nicht praktizierte Methode. "Bei uns ist das nicht akzeptiert worden", meint etwa Eugen Stark von der Tiroler Landwirtschaftskammer. Das Risiko eines Skandals, weil ein Wanderer über Fleisch- oder Knochenrestegestolpert ist, wolle sich niemand antun. Daher werden in Tirol tote Almtiere mit dem Hubschrauber ausgeflogen. Nachdem das Bundesheer Mitte 2000 zur Erkenntnis kam, dass derartige Einsätze nicht als Aufgabe der Landesverteidigung zu betrachten seien, fliegen jetzt private Firmen, betroffene Bauern zahlen eine Pauschale von 3000 Schilling und den beträchtlichen Restbetrag finanziert das Land. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 25. 7. 2001)