Elche - Der Arzt Bernat Soria von der Universität Miguel Hernández im südspanischen Elche hat embryonale Stammzellen aus den USA importiert, um eine neue Diabetes-Behandlung zu erforschen. Zwar sind Embryoexperimente in Spanien verboten. Soria nützt aber eine Gesetzeslücke: Die Zusammenarbeit mit ausländischen Instituten sowie der Import von Zellen, die durch Zerlegen von Embryonen gewonnen wurden, sind - wie in Deutschland - nicht untersagt.
Mit den Versuchen möchte Soria Zellen züchten, die wie jene in der Bauchspeicheldrüse Insulin produzieren und daher Diabetes-I-Patienten verpflanzt werden können. An der Maus ist Soria der Ansatz bereits gelungen, beim Menschen nach seinen Angaben Schritt eins dazu, die gewünschte Differenzierung der Stammzellen. Ihre Transplantation soll in drei Jahren folgen und damit zehn bis 20 Jahre früher als prognostiziert.
Finanziert wird das Projekt von Stiftungen in den USA und Europa; insgesamt holt Soria 250 Millionen Peseten (30 Mio. Schilling, 2,2 Mio.EURO) an die Uni in Elche.
Mit dem Stammzellimport hat der Forscher nach Berichten diverser spanischer Medien vom Dienstag eine heftige Polemik entfacht. Die spanische Bischofskonferenz warf ihm vor, "Menschen zu töten". Der Angegriffene verstieg sich bei seiner Verteidigung zu der Behauptung: "Ein Embryo ist kein Mensch, er hat nicht einmal das Potenzial dazu, solange er nicht eingepflanzt ist." Da sich in den embryonalen Stammzellen keine Organe bildeten, so Sorias Argumentation, gebe es "kein ethisches Dilemma". Im Übrigen müsste gegenüber "den angeblichen Rechten des Embryo das Wohl der Patienten Vorrang" haben.
Bericht eingefordert
Das spanische Gesundheitsministerium fordert nun von der Uni einen Rechenschaftsbericht, und Forscher verlangen eine Neuregelung für die 30.000 tiefgefrorenen Embryonen sowie für Teile davon. "Kann jemand behaupten, ihre Zerstörung sei vertretbarer, als sie zur Entwicklung medizinisch nützlicher Techniken zu verwenden", argumentiert Soria ähnlich einigen Forschern in Österreich. Darüber hinaus wird in Spanien der Ruf nach einer nationalen Ethikkommission immer lauter. (rosch, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. 7. 2001)