Washington - Einen Aufsehen erregenden Infektionsfall deckten jetzt Experten der Johns Hopkins Universität in Baltimore in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine" auf. Ein US-Army-Mikrobiologe hatte sich bei Arbeiten mit dem Killer-Keim "Pseudomonas mallei" (auch: Burkholderia mallei - B. mallei) infiziert und war krank geworden. Die Krankheit "Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die 'Rotzkrankheit' noch eine bei Pferden weit verbreitete tödliche Infektion. Es gab weiters auch letale Infektionen beim Menschen. Wegen seiner Tödlichkeit und der hohen Infektosität wurde B. mallei als 'perfektes' Bakterium für die biologische Kriegsführung angesehen und von Deutschland im Ersten Weltkrieg dafür auch eingesetzt", schreibt Dr. David L. Thomas (Johns Hopkins Hospital/Baltimore) in der Fachzeitschrift. Durch penible und scharfe Überwachungsmaßnahmen wurde der "Rotz" in der westlichen Hemisphäre praktisch ausgerottet. Doch die einmal gerufenen "bösten Geister" schlafen nur. Thomas: "Trotzdem werden die B. mallei-Keime weltweit im Labor untersucht. Das erfolgt, weil man sich zunehmend vor den Möglichkeiten einer biologischen Kriegsführung fürchtet." Der Hergang Genau diese Arbeiten führten zu dem Zwischenfall: Im März vergangenen Jahres erkrankte ein 33-jähriger Mikrobiologe, der mit dem Keim in seinem Labor im Institut zur Erforschung von Infektionskrankheiten der US-Army in Fort Detrick in Kontakt gekommen war. Der Mann bekam Fieber, seine Lymphdrüsen schwollen an. Zunächst wurde er mit einem einfachen Antibiotikum behandelt. Doch dem Mikrobiologen ging es immer schlechter. Die Ärzte stiegen auf ein anderes Antibiotikum um. Als der Kranke es nicht mehr einnahm, kam es sofort zu einem Rückfall. Im Mai kam der Wissenschafter dann mit lebensgefährlichen Symptomen ins Spital und auf die Intensivstation. Eine Computertomographie zeigte zahlreiche Abszesse in der Leber und in der Milz. Der Todkranke wurde ins weltbekannte Johns Hopkins Spital überstellt. Das Untersuchungsergebnis Erst Proben aus einem Leberabszess gaben den Ärzten den entscheidenden Hinweis: Da waren B. mallei-Keime. Doch wegen der Seltenheit solcher Bakterien stellte sich auch das erst bei sehr detaillierten Untersuchungen heraus. Der Mikrobiologe erhielt zunächst zwei Wochen lang eine hoch dosierte Antibiotika-Kombinationstherapie im Spital. Weitere sechs Monate nahm der Mann dann noch zusätzlich Antibiotika ein. In diesem halben Jahr gingen die Leber- und Milz-Abszesse langsam zurück und waren nach einem Jahr schließlich wieder verschwunden. Die Wissenschafter aber warnen im New England Journal of Medicine: "Dieser Fall könnte ein Vorbote für das Wiederauftauchen von fast vergessenen Krankheiten wie 'Rotz', Pocken oder Milzbrand sein. Diese Krankheiten werden im Labor studiert. Das vergrößert aber auch die Gefahr einer Infektion von dort Beschäftigten. Außerdem steht die Gefahr im Raum, dass Gruppen damit 'erfolgreich' Bioterrorismus betreiben könnten. Wir brauchen mehr Mittel, um diesen erschreckenden Möglichkeiten begegnen zu können." (APA)