Wien - Zahlreiche Anekdoten sind vom verstorbenen Altbundeskanzler Josef Klaus überliefert. Im Buch die "Ära Josef Klaus" (Böhlau Wien, 1999) geben Weggefährten, darunter seine Sekretäre und spätere VP-Granden wie Alois Mock, Josef Taus, Heinrich Neisser und nicht zuletzt Thomas Klestil, tiefe Einblicke in den Alltag der VP-Alleinregierung (1966 bis 1970). Wobei die "Klaus-Buben" neben den Tugenden auch die kleinen Schwächen ihres Lehrmeisters ausplaudern. So wird Klaus als "Inbegriff der individuellen Moral" (Neisser) bzw. als "hoch gebildeter, intelligenter Mann" (Taus) gewürdigt. Lujo Toncic-Sorinj, vormals Außenminister, lässt eine Begebenheit Revue passieren, die symptomatisch für das Weltbild des Altkanzlers erscheint. Als Toncic-Sorinj eines schönen Sommertags im hellen Anzug ins Hohe Haus marschierte, war Klaus "schockiert" und stellte den Minister zur Rede: "Wenn du ins Parlament kommst, musst du völlig unauffällig gekleidet sein." Die Antwort kam prompt: "Ich kann mich doch nicht, weil ich ins Parlament gehe, schlecht anziehen." "Wer ist dieser unhöfliche, junge Mann?" Sogar der spätere Außenminister Mock bekam in den sechziger Jahren sein Fett ab: "Peinlich wurde es immer, wenn Klaus auf Ovid oder Cicero kam, weil er uns mit seinem Wissen um Zitate immer blamierte. Da sagte er: ,Was, das weißt du nicht? Du bist ein Benediktinerschüler, Mock. Was ist denn los mit dir?`" Der Wiener Stadtrat Peter Marboe schrieb im Vorjahr über seinen früheren Chef Klaus: "'Checken, Checken, Checken' war einer der wiederholten Hinweise von Josef Klaus an seine Mitarbeiter, weil ihm Sorgfalt, Genauigkeit und die Vermeidung von Missverständnissen ein tiefes Anliegen waren. Oft hatte man versucht, dem gläubigen Katholiken Doktor Klaus, der öfters bei einer Frühmesse in seinem geliebten Dom zu sehen war, Liberalismus und Reformfreudigkeit abzusprechen. Das genaue Gegenteil war der Fall: Als Reformer war er angetreten, und zu keiner Zeit vor oder nach ihm war die Bereitschaft zu politischer Innovation größer." Eine Anekdote wird auch von einem seiner letzten öffentlichen Auftritten erzählt: Als zur Feier des 85. Geburtstages des früheren "Presse"-Herausgebers Otto Schulmeister im April dieses Jahres der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zu spät gekommen war, fragte Klaus seinen Sitznachbar: "Wer ist dieser unhöfliche, junge Mann?" (APA)