Yokohama - Für den demokratischen Kandidaten Tsuyoshi Saito steht der wichtigste Termin in dem zweiwöchigen Wahlkampf für die Oberhauswahlen bevor. Oppositionsführer Yukio Hatoyama kommt nämlich an diesem Tag in sein Wahlkampfbüro und wird ihn öffentlich mit einer Wahlkampfrede unterstützen.

Fünf Wahlkampfhelfer bereiten das kleine Lokal im Hodogaya-Quartier in der Hafenstadt Yokohama für den Besuch vor. An den Wänden werden Plakate zurechtgerückt und Getränke bereitgestellt. Die Kopiermaschine spuckt die letzten Handzettel für den Auftritt im Yamashita-Park aus und zwei Männer bellen pausenlos in Mobiltelefone. Sie geben den Fahrern und Sicherheitsleuten des Parteichefs letzte Hinweise zum Weg.

Bei fast 40 Grad Hitze sitzt Saito mit offenem Kragen und hochgekrempelten Hemdsärmel im Büro. Später, für den gemeinsamen Auftritt mit Hatoyama, wird er sich eine bunte Krawatte umbinden und ein dunkles Jacket überwerfen. Die Hitze macht Saito zwar zu schaffen, doch noch mehr die Wahlkampfstimmung. Mit dem Koizumi-Fieber in der Bevölkerung hat der 55-jährige Anwalt nicht gerechnet. "Die Leute fragen immer, was ich besser machen würde als Koizumi. Es ist einer der schwierigsten Wahlkämpfe", seufzt Saito. Als er sich im März entschied, für die Oberhauswahlen zu kandidieren, sah die Lage für die Demokraten noch rosig aus. Damals genossen sie ein Popularitätshoch, die regierenden Liberaldemokraten (LDP) unter dem ehemaligen Premier Yoshiro Mori standen vor einem Abgrund. Eine Wahlniederlage der LDP schien programmiert.

"Die LDP ist zwar in meinem Wahlkreis nicht beliebter geworden, aber ich fürchte, dass gerade Frauen wegen der Beliebtheit Koizumis die Stimme an die Regierungspartei geben könnten", erklärt Saito. Das betrifft ihn direkt, weil Saito seine Wählerbasis bei Bürgerinitiativen, Frauengruppen, Lehrergewerkschaften und teilweise unter Gewerkschaftsleuten aus dem Dienstleistungssektor rekrutiert. Saito ist in Yokohama bekannt als Vorkämpfer für eine transparentere Verwaltung, die Offenlegung von Verwaltungsdokumenten und die Dezentralisierung der Regierungsvollmachten. "Das sind Themen, die harte Arbeit an der Basis verlangen und letztlich die Motoren für einen tief greifenden Wandel in Japan sind", sagt Saito.

Er musste seinen Wahlkampf jedoch so ausrichten, dass er nun vor allem die "Reform-Rhetorik" des Ministerpräsidenten als hohle Versprechen verurteilt. "Koizumi hat bisher noch keine konkreten Resultate geliefert und wir werden ihn auch nach den Wahlen unter Druck setzen, damit er seine Versprechen wirklich einlöst", erklärt Saito. Die Hoffnung, dass die Demokraten als starke Oppositionspartei die Regierung unter Druck setzen können, hat Saito trotz der schwierigen Situation im Wahlkampf nicht aufgegeben.

Dann trifft der Parteichef ein. Nach der ersten Aufregung wird die Stimmung gelöst, die beiden Männer halten sich an den Händen und rufen Durchhalteparolen. Hatoyama ermuntert die Helfer und Saito, die letzte Woche des Wahlkampfes mit besonderem Eifer anzugehen. "Wir stehen für den echten Wandel in Japan", ruft Hatoyama. Schon nach wenigen Minuten wird zum Aufbruch geblasen. Ein Lautsprecherwagen, die Limousine für Hatoyama und Saito und ein Kleinbus für die Helfer fahren Richtung Yamashita-Park. Die Ansprache des Parteichefs ist auf sechs Uhr abends angesagt. Der Zeitpunkt ist gut gewählt, weil der Park voll von Leuten ist, die später ein Feuerwerk sehen wollen.

Mehr als dreitausend Menschen hören den beiden Politikern zu und klatschen zum Schluss. "Koizumi gefällt mir zwar besser, aber ich werde meine Stimme doch einer Oppositionspartei geben", sagt eine junge Mutter, die mit ihren Kindern die Rede gehört hat.

Für Saito ist der Tag noch lange nicht zu Ende. Zurück im Wahlkampfbüro bespricht er die Wochenendtermine. Es warten noch weitere acht 20-Stunden-Tage auf ihn. Frühmorgens tritt er vor Bahnhöfen auf, dann folgen Treffen mit Bürgerinitiativen und Gewerkschaften, die ihn unterstützen. Er muss mindestens 700.000 Stimmen sichern, um gewählt zu werden. Acht harte Tage stehen noch bevor. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.7.2001)