Wien - Moskau war im ersten halben Jahr Weltmeister: Die Börse lief allen anderen internationalen Aktienmärkten den Rang ab und legte einen Riesensprung hin. Mit ein Grund dafür war der hohe Ölpreis, der die stark öl- und versorgerorientierte Moskauer Börse zu ungeahnten Höhen trieb. Das ist zwar vorerst vorbei, der Ölpreis liegt bei 22 bis 23 Dollar und sollte laut Experten noch bis auf 20 Dollar sinken. Geht er nicht weiter runter, bleibt Russland ein interessantes Investment, sagt Günther Faschang, seit 1. Juli Osteuropa-Experte bei der Schweizer Bank Vontobel. Er setzt vor allem auf die russichen Telekomwerte MTS und Vimpelcom . Denn die Wachstumsraten beim Mobilfunk seien in Russland enorm. Bei den Ölwerten hänge alles davon ab, wie sich der Ölpreis in den nächsten Monaten entwickle. "Es ist halt ein riskanteres Investment." Pushfaktor EU-Beitritt Zurückhaltender ist Harald Gallob, Bereichleiter bei der Erste Sparinvest für osteuropäische und österreichische Aktien: "Risikoreichere Anlagen sind tendenziell begünstigt. Aber wir rechnen damit, dass der Ölpreis weiter sinkt. Also sehen wir als wirklich positiven Faktor im Osten die EU-Beitrittsländer Polen, Ungarn und Tschechien." Der Beitritt 2004 sei sehr realistisch, Börsen nehmen solche Ereignisse immer vorweg und können also Kurse in die Höhe schießen lassen. Hauptsache, so Gallob, "der Anleger bleibt bei Werten, die liquide sind und also große institutionelle Investoren wie wir kaufen". Marschroute Die Marschroute lautet für beide Experten: Gesetzt wird vor allem auf Werte, die vom Konsumanstieg in diesen Ländern profitieren können. Gallub nennt Banken, darunter die ungarische OTP , die polnische PKO und die tschechische Ceská Sporitelna . Faschang ebenso OTB und PKO, aber auch die polnische BRE . Denn die Titel könnten am Wirtschaftswachstum sehr gut mitnaschen. Ein weiterer gewichtiger Grund für die Auswahl der Titel in seinem Portfolio sei das Kriterium, wie weit ein Unternehmen Markteintrittsbarrieren gegenüber künftigen Konkurrenten aus dem Westen habe. Und das sei bei den Banken der Fall, aber auch bei den Telekomwerten, die bereits ausländische Partner an Bord haben: Sehr viel Wachstumspotenzial sieht Faschang in der polnischen TPSA , da er infolge des großen Marktes und der geringen Penetration im Mobilfunkbereich noch stolze Wachstumsraten erwartet. Er empfiehlt aber auch die Ölwerte MOL (Ungarn) und PKN (Polen). Denn da sollten die Gewinnmargen stimmen. In den nächsten fünf Jahren könnten Anleger auf jeden Fall mit hohen Wachstumsraten rechnen: Zwischen 16 und 18 Prozent sieht Faschang in osteuropäischen Werten inklusive Russland. Das sei nicht zu hoch angesetzt, wenn man bedenkt, was Aktien üblicherweise hergeben sollten: nämlich zwölf bis 14 Prozent. (Esther Mitterstieler, DER STANDARD, Printausgabe 30.7.2001)