Die Debatte um die inhaftierten Österreicher der Volxtheaterkarawane könnte ungeahnte Konsequenzen mit sich bringen. Und zwar unabhängig davon, ob es zu einer Verurteilung der Mitglieder der Schauspielergruppe kommt oder nicht. Denn die Außenministerin Benita Ferrero-Waldner muss sich von den Oppositionsparteien den Vorwurf der Verletzung der Amtsverschwiegenheit gefallen lassen. Diese Falle hat sich die sonst auf dem glatten politischen Parkett sicher agierende Ministerin selbst gestellt. Strikte Amtsverschwiegenheit In der Pressekonferenz mit Italiens Außenminister Ruggiero vergangenen Freitag sagte sie wörtlich: "Ich habe mir bezüglich der Inhaftierten auch Informationen des Innenministeriums vorlegen lassen. Nach Angaben des Bundesministerium für Inneres sind einige der Verhafteten in Österreich bereits durch Störung der öffentlichen Ordnung und Hausbesetzungen aufgefallen und einschlägig vorgemerkt. Überdies sind einige auch der gewaltbereiten Szene zuzuordnen. Nochmals - es handelt sich dabei nur um einige, der 17 Inhaftierten. Nur diese dürfen sich nicht wundern, daß sie von der Polizei festgenommen werden, sei es in Italien oder sonstwo." Im Normalfall hat die Außenministerin keinen Zugang zu den sensiblen Daten des Polizeicomputers, doch in Ausnahmefällen wie der Inhaftierung österreichischer Staatsbürger im Ausland dürfen sich die Ministerin und die Mitarbeiter des Außendienstes vom Innenministerium informieren lassen. Diese Informationen unterliegen dann allerdings der strikten Amtsverschwiegenheit. Schon ein Verkehrsdelikt bringt eine Vormerkung Laut dem Pressesprecher des Innenministeriums, Major Rudolf Gollia, handelt es sich bei den "einschlägig Vorgemerkten" um sieben Personen, gegen die zwar im Polizeicomputer Anzeigen vermerkt sind, die allerdings keine Verurteilungen zur Folge hatten. "Vorgemerkt" bedeutet lediglich, dass gegen eine Person einmal eine Anzeige eingebracht wurde. Schon ein kleines Verkehrsdelikt reicht dazu aus. Vom Sprecher Ferrero-Waldners, Johannes Peterlik, wurde im Gespräch mit derStandard.at bekanntgegeben, dass die Aufregung nicht nachvollziehbar wäre. Die Ministerin habe lediglich aus dem Bericht des Innenministeriums zitiert, dass nur über "einige" der 17 Inhaftierten Vormerkungen bestehen und keine Namen genannt, woraus noch keine konkreten Beschuldigungen oder Vorverurteilungen abzuleiten wären. Note an den italienischen Aussenminister Überdies hätte die Außenministerin weitaus mehr Schritte für die Inhaftierten gesetzt, als zum Beispiel die deutsche oder britische Regierung für ihre Staatsangehörigen getan hätten. Am Dienstag hätte sie außerdem eine Note an den italienischen Außenminister mit dem Zweck geschickt, die eventuelle Strafverfolgung in Österreich durchführen zu können. Auf die Frage nach dem Grund für die Abfrage der Daten und die Öffentlichmachung der "Einschlägigen Vormerkungen" antwortete Peterlik, dass dies von öffentlichem Interesse wäre. Grünen prüfen parlamentarische Instrumente Für Madeleine Petrovic, die stellvertretende Klubobfrau des Grünen Parlamentklubs,hat sich die Außenministerin einer klaren Verletzung der Amtsverschwiegenheit schuldig gemacht. Die Grünen haben jedoch keine Möglichkeit, eine Sondersitzung des Parlaments einzuberufen, da dies für die Fraktion nur einmal im Jahr möglich ist und von den Grünen schon zum Thema Bildung im März verbraucht wurde. Wie Petrovic im Gespräch mir derStandard.at betonte, werden jedoch zur Zeit die parlamentarischen Instrumente geprüft und die Möglichkeit der Einberufung des Außenpolitischen Rates überlegt. Sie hofft allerdings auf die SPÖ, denn eine Sondersitzung kann auch mittels einem Drittel der Stimmen der Abgeordneten einberufen werden. Die SPÖ kann daher jederzeit von diesem Instrument Gebrauch machen. "Eifersucht der Außenministerin auf den Präsidenten" Der Justizsprecher der SPÖ, Hannes Jarolim, forderte umgehende Aufklärung von der Außenministerin in Bezug auf ihre Aktivitäten in der Causa. Insbesondere sei von Interesse, welche Schritte zu welchem Zweck gesetzt wurden. Für ihn sei der Sinn, die Daten der Schauspieler abzufragen, nicht erkennbar. Die Vorgehensweise und Verletzung der Amtsverschwiegenheit sei höchst aufklärungsbedürftig und die damit verbundene Vorverurteilung der Menschen beschämend und nicht vereinbar mit dem Amt einer Außenministerin. Es zeige sich die Überforderung Ferrero-Waldners, da sie der Situation offensichtlich nicht gewachsen sei. Die Vorfälle machten deutlich, dass sie in diplomatischen Fragen Bundespräsident Klestil nicht das Wasser reichen könne, da "Meilensteine an Unterschied in der außenpolitischen Kompetenz bestehen." Darin sieht Jarolim auch die "Ursache der Eifersucht der Außenministerin auf den Präsidenten". Sollte Ferrero-Waldner jedenfalls nicht umgehend für eine befriedigende Aufklärung der Angelegenheit sorgen und die Öffentlichkeit korrekt über die Vorfälle informieren, behält sich die SPÖ laut Jarolim die Einsetzung aller zur Verfügung stehenden parlamentarischen Instrumente vor. (red)