Wien - Durch seine persönlichen Recherchen könne Voggenhuber bestätigen, dass es bei Staatsanwaltschaft und Polizei in Italien "keinerlei Beweise für irgendeine Straftat" gebe. Die Beweislage beschränke sich auf beschlagnahmte Küchenmesser und Theaterrequisiten, die von den Carabinieri als Waffen protokolliert worden seien. Darüber hinaus gebe es nur Informationen von österreichischer Seite über "höchste Gewaltbereitschaft" der Inhaftierten. Sie seien in Österreich "vorgemerkt und polizeibekannt", erklärte Voggenhuber. Unbescholtenheit des Bürgers? Die italienische Polizei habe aber offenbar keine Informationen darüber erhalten, dass es sich um eine Theatergruppe handle. Schon beim Salzburger Weltwirtschaftsforums seien die Requisiten der Gruppe als solche polizeilich protokolliert worden, die Informationen seien aber nicht nach Italien gelangt. Offenbar, so Voggenhuber, seien nur belastende Informationen nach Genua übermittelt worden, und zwar bereits im Vorfeld des G-8-Gipfels. "Es gilt also nicht die Unbescholtenheit des Bürgers", kritisierte der Grün-Politiker. Über vier der 16 Inhaftierten verfüge die Genueser Staatsanwaltschaft allerdings über "belastende Vormerkungen" aus Österreich. Aufgrund seiner Gespräche mit den Inhaftierten könne Voggenhuber bestätigen, dass diese bei und unmittelbar nach ihrer Festnahme misshandelt worden seien. Sie seien "Psychoterror, Schlägen, verbalen Attacken und Demütigungen" ausgesetzt gewesen. Im Gegensatz zu anderen Verhafteten seien die Österreicher aber verhältnismäßig geschont worden. "Wir brauchen euch 'weiß', nicht blutig", hätten die Polizisten gesagt. Als abschreckendes Beispiel seien aber andere, blutig geschlagene Inhaftierte vor den Augen der Österreicher über die Gänge geschleift und einfach liegen gelassen worden. Zudem seien die beschlagnahmten Beweismittel "ergänzt" worden, stellte Voggenhuber fest. So hätten die Carabinieri nasse Kleidungsstücke in die Rucksäcke der Verhafteten gesteckt, die dann als "noch schweißnass von den Krawallen" protokolliert worden seien. Behandlung stets vorbildhaft Diese mutmaßlichen Übergriffe und Misshandlungen seien aber nur bei und unmittelbar nach der Festnahme geschehen, erklärte Voggenhuber. Nach der Überstellung in die Gefängnisse von Alessandria und Voghera sei die Behandlung der Österreicher stets vorbildhaft gewesen. "Persönlich und subjektiv" habe Voggenhuber den Eindruck gewonnen, dass es sich bei den Mitgliedern der "VolxtheaterKarawane" um "unglaublich liebenswürdige" Personen handle, die zwar mit den Globalisierungsgegnern sympathisieren würden, aber nichts mit deren gewalttätigen Kreisen zu tun hätten. Keine Rücktrittsaufforderung Bei aller Kritik am Verhalten der befassten österreichischen Minister wollte Voggenhuber aber eine Rücktrittsforderung dann doch nicht aussprechen. "Glauben Sie mir, mir liegt aber viel auf der Zunge", sagte Voggenhuber und betonte: "Für mich gilt als Parlamentarier das Prinzip der politischen Verantwortung." Es sei daher unerheblich, welcher Beamter tatsächlich eine Handlung gesetzt oder unterlassen habe. "Mir kommt es darauf an, dass die Person am Ende der Kette, nämlich der Staatsbürger, zu seinem Recht kommt", erklärte Voggenhuber. An die Adresse der Europäischen Union richtete der EU-Parlamentarier Voggenhuber den Appell, sowohl auf die Gewalt der militanten Globalisierungsgegner als auch auf die Übergriffe der Polizei zu reagieren. "Wenn die EU jetzt nicht entsprechende Handlungen setzt, dann war Genua die Geburtsstunde einer 'globalen RAF' (Rote Armee Fraktion, Anm.). Diese würde dann aber nicht von ein paar Gauklern angeführt werden!" (APA)