Wien - Jugendliche allein auf der Flucht: von zu Hause ausgerissen, vor Krieg und Not in der Heimat davongelaufen. Ihre Reise endet oft im Labyrinth der Bürokratie im Ankunftsland.
Im Wiener Integrationshaus sollen ab Herbst über eine "Clearingstelle" bürokratische Hürden für die jungen Flüchtlinge abgebaut werden. Auch in Linz, Graz, Salzburg und in Niederösterreich (Standort noch offen) wird es diese Stellen bald geben. Das Ziel der Clearingstellen ist es, dass die Jugendlichen nicht mehr von einem Amt zum anderen pilgern müssen. Vielmehr "klären wir die gesamte Situation der Jugendlichen - von der Gesundheit, dem Grund der Flucht bis hin zu rechtlichen Fragen", erklärt Johanna Hollerwöger, Mitorganisatorin des Projekts. Vor allem jene jungen Menschen, die in ihren Heimatländern den Krieg erleben mussten, werden auch psychisch betreut - "Sie kommen oft schwer traumatisiert zu uns".
Für 20 Jugendliche werden im Integrationshaus im zweiten Bezirk Wohnplätze hergerichtet. Bis zu drei Monate können die Burschen und Mädchen dann bleiben, bis dahin muss für sie eine andere Lösung vorbereitet sein. Auch ihre Perspektiven werden ausgelotet: die weitere Integration in Österreich, die Rückkehr zu ihrer Familie, ihnen den Schulbesuch oder eine Ausbildung zu ermöglichen. Diese Varianten werden in Zusammenarbeit mit der Jugendwohlfahrt (als deren Vormund) erarbeitet.
Das Projekt der Europäischen Flüchtlingshilfe wird laut Hollerwöger ein Jahr im Pilotversuch getestet. Es ist mit 10,5 Millionen Schilling (763.064 Euro) dotiert und wird von den Ländern kofinanziert. Renate Brauner, SP-Integrationsstadträtin, hat für Wien einen Beitrag von 1,8 Mio. S (130.811 EURO) genannt. Die Projekterfahrungen sollen in Österreich einheitliche Standards in der Flüchtlingsbetreuung bringen.
Schon im Mai hatten ÖVP und FPÖ unter Hinweis auf die Kompetenzlage einen SPÖ-Antrag im Nationalrat abgelehnt, diese Clearingstellen einzurichten. Bloß ein Entschließungsantrag der beiden Regierungsfraktionen kam zustande, in dem auf die besondere Verantwortung der Länder in diesem Bereich hingewiesen wurde. (Andrea Waldbrunner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.8.2001)