Eine Woche hat die Außenministerin gebraucht, um ihre Meinung über die Behandlung der Mitglieder der "VolxTheaterKarawane" um 180 Grad zu ändern - und jetzt passt es der "Kronen Zeitung" schon wieder noch immer nicht. Musste das Familienblatt ihre erste Einschätzung - Demonstranten "dürfen sich nicht wundern", wenn sie von der Polizei ins Gefängnis gebeten werden - als übertrieben milde empfunden haben, verstieß ihre vorläufig letzte Äußerung dazu - sie sei empört über "entwürdigende Misshandlungen" - erst recht gegen die einem wohl verstandenen Humanismus verbundene Blattlinie. Es ist das alte Lied, jammerte der Innenpolitiker des Blattes am Sonntag: Zuerst ziehen (wie in Genua) schwarzvermummte Terror-Chaoten brandschatzend durch die Straßen, Polizisten werden mit Molotowcocktails, Eisenstangen, Nagelbrettern, Pflastersteinen blutig geschlagen und schwer verletzt, doch am Ende war - die Polizei selbst an allem schuld. Diese Darstellung wurde am Sonntag zwar nicht einmal mehr von den Terror-Chaoten im italienischen Parlament geteilt, wo es einen Misstrauensantrag gegen den Innenminister gab, und auch nicht mehr von diesem, hatte er doch maßgebliche Rädelsführer der leidenden Polizisten inzwischen versetzen lassen. Bedauerlich, aber klar, dass dann auch Österreichs Außenministerin von ihm abrücken musste. Die "Krone" hatte für derlei rechtsstaatlichen Mumpitz von Anfang an nichts übrig. Da geht es nicht darum, wer mit Brutalitäten angefangen hat - lamentiert wird, dass "friedliebende Demonstranten" Stockhiebe abbekommen haben und wie brutal das Vorgehen der Polizei war. Damit schwenkte die "Krone" offiziell auf die Linie des blauen Wochenblättchens "Zur Zeit" ein, weshalb an diesem Tag auch Andreas Mölzer die maßgefertigte "Krone"-Kolumne lieferte. Sonst eher auf dem (deutsch)nationalen Trip, wird er zum glühenden Internationalisten, wenn die Landsleute, die im Ausland von einer rechtsradikal inspirierten Polizeitruppe verprügelt und gedemütigt werden, nur Kräfte aus dem ultralinken Bereich sind. Schließlich ist das allein schon ein verbrecherischer Tatbestand. Da macht man dem Kulturberater Jörg Haiders nichts vor. Kein Wunder, dass bei diesem vermeintlichen Polit-Theater auch angebliche Schauspieler mitwirkten. Allein von österreichischer Seite eine bislang nicht sonderlich populäre Wandertruppe, die sich "Volxtheater-Karawane" nennen, mosert er, nicht nur mit den Linken, sondern auch mit der Grammatik ein wenig auf Kriegsfuß. Selbst wo er sich halbwegs an die Wahrheit hält, bleibt er unerbittlich: Sechzehn Mimen weilten da im Golf von Genau und wurden bei der Heimreise unter dem Verdacht, gewalttätige Ausschreitungen begangen zu haben, und der Verbindung zur örtlichen Anarchistenszene in Haft genommen. Dass bloßer Verdacht in einem Rechtsstaat noch keine erwiesene Schuld ist, kümmert ihn wenig - und wenn man in Genua die Burgtheater-Karawane verhaftet hätte. Die Tatsache, dass die Mimen von der "Volxtheater-Wanderbühne" aus dem Umfeld des Wiener Kirchweger-Hauses kommen, der eine oder andere mit anarchistischen Anschlägen, wie etwa jenem von Ebergassing in Zusammenhang gebracht wurde, dass sie wohl auch - wohl auch! Das heißt: Er weiß nix Genaues, vernadert vorsichtshalber aber trotzdem - Kontakte zu den Vermummten haben, die hierzulande bei Demos für entsprechende "Randale" sorgten, war da natürlich unerheblich. Zum Glück nicht für die italienischen Polizisten, die das alles den Volx-Schauspielern sofort an der Nase ablasen, als sie sie nach der Demo und ganz woanders festnahmen und entwürdigenden Misshandlungen aussetzten. Diesmal . . . sprechen die Gerichte, und da wird sich weisen, welches Stück die Damen und Herren Mimen in Genua wirklich zum Besten gegeben haben. Sollten die Damen und Herren Mimen wider alle Bemühungen Mölzers freigelassen beziehungsweise freigesprochen werden, wird ein Ehrenmann wie er zweifellos an derselben Stelle in der "Krone" mit ebenso viel Nachdruck Abbitte leisten, wie er Sonntag vorverurteilt hat. Im eigenen Blatt ließ er einen Carl Gustaf Ströhm die Drecksarbeit machen. Die Ereignisse von Genua haben überdies gezeigt, daß die auch von österreichischen Innenminister (sic) gerne gepflegte Unterscheidung zwischen "friedlichen Demonstranten" und "Gewalttätern" rein fiktiv ist und im Grunde ein Alibi für Leute bedeutet, die es sich gemütlich machen (und es sich mit der radikalen Linken möglichst nicht verderben wollen). Wo doch Innenminister Ernst Strasser ohnehin mit "dubiosen" Informationen ausgeholfen hat! (Günter Traxler, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 7. August 2001)