Wien - Nach Wolfgang Mazal zweifelt nun ein weiterer Regierungsberater an der Sinnhaftigkeit des - verfassungsrechtlich bis 2018 zementierten - unterschiedlichen ASVG-Pensionsalters von Männern und Frauen in Österreich. Helmut Schattovits, Chef des Instituts für Familienforschung und "Vater" des Kindergeldes, meint im STANDARD-Gespräch, dass die Frauenpolitik der vergangenen Jahrzehnte zu einer Gleichstellung der Geschlechter geführt habe. Betrachte man die Höhe der Konsumausgaben erwerbstätiger Singles, so gebe es keine Unterschiede mehr zwischen Männern und Frauen. Deutlich geringer seien hingegen die Pro- Kopf-Ausgaben bei Menschen mit Kindern. Als Alternative zum ungleichen Pensionsalter ist für Schattovits eine volle pensionsrechtliche Anerkennung der Kinderbetreuungszeiten bis zu sieben Jahre statt der jetzt geltenden "Ersatzzeiten" denkbar. Die Kritik, dass Frauen "zurück an den Herd" gedrängt werden könnten, ärgert ihn: Darin schwinge unausgesprochen mit, dass Mütter "zu dumm oder zu faul" seien, in den Erwerbsprozess zurückzukehren. Auch das immer wiederkehrende - und mit Zahlen unterlegte - Argument, dass Frauen- und Männerpensionen nach wie vor weit auseinander klaffen, versucht Schattovits zu relativieren: Würde man die Unterhaltspflichten der Männer herausrechnen, wäre der Unterschied geringer. Längerfristig müsse ohnehin eine eigenständige, pensionsrechtliche Absicherung für alle geschaffen werden. Die Beseitigung branchenweise unterschiedlicher Löhne sei hingegen Sache der Sozialpartner. Beim Kindergeld ist Schattovits nicht nur mit der Einkommensgrenze unzufrieden, sondern auch damit, dass der Familienlastenausgleichsfonds neuerdings die vollen Sozialversicherungsbeiträge für Kindergeldbezieher übernommen hat. "Da haben sich Finanzminister und Sozialversicherungslobby durchgesetzt." Schattovits fordert, dass die Aufgaben des - häufig für die Budgetsanierung zweckentfremdeten - Familienfonds neu definiert werden. Der Experte selbst wird demnächst die Institutsleitung zurücklegen. Als Nachfolgerin vorgeschlagen ist die Psychologin Brigitte Cizek. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. August 2001)