Wien - Anfang März 1998 stellte Kulturministerin Elisabeth Gehrer die Theater- und Musikwissenschafterin Helga Dostal als neue Leiterin des Theatermuseums vor. Unbefristet, weil Dostal, die seit 1980 im Wissenschaftsministerium tätig war, Beamtin ist. Doch die 1941 geborene Wienerin will die Zeit bis zur Pensionierung nicht mit Nichtstun absitzen: Sie erbat ihre Karenzierung mit 1. Oktober. Gegenüber dem STANDARD begründet Dostal ihre Entscheidung mit dem Umstand, "überhaupt keine Kompetenzen" mehr zu haben. Denn mit 1. Jänner dieses Jahres wurde das Theatermuseum - wie auch das Völkerkundemuseum - in das Kunsthistorische Museum eingegliedert. Auf Betreiben von dessen Generaldirektor Wilfried Seipel, der auch freimütig von einer "Übernahme" spricht. Der unfriendly Take-over war dahingehend legitimiert worden, dass die verhältnismäßig kleine Institution mit Erlangung der Vollrechtsfähigkeit nicht lebensfähig sei. Dostal hatte zwar protestiert und ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt, das zum gegenteiligen Schluss kam, aber erfolglos: Ihr wurde schlagartig die Verfügungsgewalt über das Budget entzogen. "Es ist nun alles beim Generaldirektor zu beantragen - vom Radiergummi an." Zudem seien ihre Ausstellungspläne abgeschmettert worden: Seipel habe sich stattdessen Memorabilia-Schauen über Marcel Prawy (sie findet im Sommer 2002 statt) und Paula Wessely (was deren Töchter zu verhindern gewusst hätten) gewünscht. Im Gespräch mit dem STANDARD beteuert Seipel, mit dem Budget auszukommen. Obwohl die BesucherInnenzahlen (und damit die Einnahmen) in den letzten Jahren drastisch sanken: Von 1,6 Millionen (1998) auf 1,27 Mio. (1999) und zuletzt 1,22 Mio. (2000) - inklusive der BesucherInnen des Lipizzanermuseums. Die finanzielle Situation dürfte daher ein Hauptgrund für die "Übernahme" der beiden Museen gewesen zu sein: Die Subventionen wuchsen durch den Coup von 197,5 Millionen Schilling auf knapp deren 280. Ein anderer Versuch, das Budget zu steigern, wurde hingegen vereitelt: Seipel verlor den Prozess gegen die Schloss Schönbrunn Kultur-und BetriebsgmbH. Er hatte sich monatelang geweigert, für die Wagenburg Miete zu bezahlen, weil die SSKB kein Nutzungsentgelt für rund 170 Gemälde entrichten wollte, die sich seit Jahrhunderten in den Prunkräumen befinden. Seipel berief sich auf eine Verordnung aus der NS-Zeit, nach der die Bilder dem KHM überantwortet wurden, aber das Gericht gab der SSKB "mangels Schlüssigkeit des Vorbringens der beklagten Partei" recht: Das KHM könne ja die Bilder auch andernorts zur Schau stellen. Was wohl kaum geht: Sie sind zum Teil nicht einmal aus der Wand herauslösbar. Seipel musste neben dem eingeklagten Mietzins (zuzüglich Zinsen) auch die Prozesskosten begleichen. (Von Thomas Trenkler, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 9.8.2001)