Wien - Selbstjustiz übte ein 24-Jähriger am 22. Mai 1999 in Wien-Hernals. Der Mann musste mit ansehen, wie ein Lkw mit überhöhter Geschwindigkeit seinen kleinen Bruder niederstieß, der gerade die Straße überqueren wollte. Der damals Neunjährige wurde mehrere Meter durch die Luft gewirbelt und blieb schwer verletzt auf der Fahrbahn liegen. "Er hat nicht mehr geatmet. Ich war im Schock. Er war bewusstlos und hat am Kopf geblutet", sagte der Wiener im Wiener Landesgericht. Er wurde dort wegen schwerer Körperverletzung rechtskräftig zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt. Statt sich um das Kind zu kümmern, hatte er den Unglückslenker krankenhausreif geschlagen. Er streckte den 23-Jährigen, der sofort stehen geblieben war und nachsehen wollte, wie es dem Buben ging, zunächst mit einem kräftigen Faustschlag ins Gesicht nieder. Dann trat er wie von Sinnen auf den Mann ein. Augenzeugen eilten schließlich herbei und zogen ihn mit aller Gewalt vom hilflos am Boden Liegenden weg. "Irgendwie hab ich ihn ja verstanden" Dieser erlitt unter anderem einen Nasenbeinbruch, Prellungen am ganzen Körper und eine komplizierte Verletzung in der Darmregion. Er befand sich fast drei Wochen im Krankenstand. "Irgendwie hab ich ihn ja verstanden", räumte der Kraftfahrer nun im Zeugenstand ein. "Es war zweifellos eine Schockreaktion. Sie haben die Nerven verloren", sagte Richter Frederick Lendl zum Beschuldigten. "Ich weiß, es war blöd", meinte dieser. Seinem Opfer hat er bereits freiwillig 50.000 Schilling Schmerzengeld (3.634 Euro) gezahlt. Sein kleiner Bruder erfreut sich übrigens wieder bester Gesundheit. (APA)